Neue PISA-Studie: Leistungsunterschiede, Migration und Problemlösen im Überblick

Die zentralen Befunde der neuen PISA-Studie für Deutschland:

Leistung: In Sachen Schülerleistung kann sich Deutschland seit der PISA-Studie 2000 in allen drei Disziplinen geringfügig verbessern. Dies gilt besonders für den Untersuchungsschwerpunkt Mathematik, wo 503 Punkte erreicht werden (2000: 490). Im Lesen sind es 491 Punkte (2000: 484), im Nebenfeld Naturwissenschaften 502 (2000: 487). 39 Punkte entsprechen etwa dem Lernfortschritt eines Schuljahres, 50 Punkte sind fast eineinhalb Schuljahre. Der Wissensabstand der Deutschen zu den PISA-Siegerländern Finnland, Hongkong, Kanada, Japan und Südkorea beträgt weiterhin ein bis eineinhalb Schuljahre.

Internationale Rangfolge: In Mathematik und Naturwissenschaften kommt die Bundesrepublik damit ins Mittelfeld, im Lesen knapp darunter. In der 29-Staaten-Wertung der OECD-Mitglieder liegt Deutschland bei Mathematik auf Platz 16, beim Lesen auf Platz 19 und in den Naturwissenschaften auf Platz 15. In der 40-Staaten-Skala aller diesjährigen PISA-Teilnehmer erreicht Deutschland in Mathematik Platz 19, im Lesen Platz 21 und in Naturwissenschaften Platz 18.

Mögliche Ursachen: Der Bericht der deutschen PISA-Forscher für die Kultusminister betont ausdrücklich die seit 1999 eingeleiteten Verbesserungen im Mathematikunterricht - wofür vor allem das Bund- Länder-Programm SINUS steht. Experten verweisen zudem auf mögliche Effekte von Testtraining, was in einigen Bundesländern angeordnet war, sowie Test-Gewöhnung. Tests wie PISA waren an deutschen Schulen anders als im Ausland zuvor unüblich. Auch wurde diesmal eine größere Anzahl Privatschüler in die Testgruppe einbezogen.

Leistungsunterschiede: Besser wurden in Deutschland vor allem die Gymnasiasten, vereinzelt auch Gesamt- und Realschüler - während die Hauptschüler gleich schwach blieben. Das heißt: Schon bei PISA 2000 wurden in Deutschland besonders große Leistungsunterschiede sowohl bei den Schülern als auch zwischen den Schulen festgestellt - wie in keinem anderen Industriestaat. Dieses Problem hat sich noch verschärft.

Risikoschüler: Mehr als jeder fünfte 15-Jährige (je nach Disziplin zwischen 21,6 und 23,6 Prozent) gilt in Deutschland als Risikoschüler. Er kann auch gegen Ende seiner Pflichtschulzeit allenfalls auf Grundschulniveau rechnen und selbst einfache Texte kaum verstehen. In kaum einem vergleichbaren Staat ist dieser Prozentsatz ähnlich hoch (Ausnahme Luxemburg).

Soziale Förderung: In keinem anderen vergleichbaren Staat werden Unterschichts- und Migrantenkinder so schlecht gefördert wie in Deutschland. In den Teildisziplinen, in denen Deutschland Leistungszuwächse verzeichnet, hat sich die Abhängigkeit des Bildungserfolges von der sozialen Herkunft noch weiter verschärft. Generell gilt: Kinder reicher Familien haben bei gleicher Begabung eine 5,7-mal größere Chance, das Gymnasium statt einer Realschule zu besuchen, als Kinder aus der unteren Mittelschicht. Die soziale Förderung wird in Europa auch in Belgien und Ungarn negativ beurteilt.

Problemlösen: Deutlich über dem OECD-Schnitt liegen deutsche Schüler bei der erstmals getesteten PISA-Kategorie Problemlösen. Dabei geht es nicht um schulisches Wissen, sondern um die Fähigkeit, mit Fragen des Alltags umzugehen. Deutschland liegt auf der 29- Staaten-Skala dabei auf Platz 13. Nur sechs Staaten sind erkennbar besser. Die deutschen Forscher stellen in ihrem Bericht besonders die Diskrepanz zwischen den guten Problemlösefähigkeiten und den nur mittelmäßigen Mathematikleistungen heraus. Einige Wissenschaftler vertreten die These, dass das deutsche Schulsystem die guten Grundfähigkeiten der Jugendlichen nicht ausreichend ausschöpft.

Schülermeinung: Schüler fühlen sich an deutschen Schulen deutlich wohler als Gleichaltrige in vielen anderen Staaten. Sie trauen sich auch viel zu und glauben zu fast 60 Prozent, schnell Mathematik lernen zu können. Kritik äußern sie an ihren Lehrern: Nur 43 Prozent glauben, dass der Mathematiklehrer an ihrem individuellen Lernfortschritt interessiert ist (OECD-Durchschnitt 58 Prozent).

Quelle: http://www.igmetall-wap.de/