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Investition in Bildung und Wissenschaft

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Guten Morgen,

auch heute konnte ich in der FTD wieder lesen, dass die Bundes"regierung" zukünftig mehr in Bildung investieren möchte.

Ich arbeite selbst in der Bildungsbranche (Erwachsenenbildung/IT-Berufe) und erlebe seit Jahren das Auf und Ab der finanziellen Möglichkeiten. sowie die stetig sinkende Qualifikation der Teilnehmer.

Was mir bei der öffentlich geführten Debatte nicht klar ist, ist der Bereich in den investiert werden soll.
Sprechen Buhlmann, Müntefering und Merz über die akademische Ausbildung, schulische Grundausbildung, Umschulungen und Weiterbildungen oder wird hier wieder ein planloses Bündel geschnürt, dass dem Wähler ein gutes Gewissen verleiht, aber keine Wirkung erzielen wird.
Maßnahmen vom Arbeitsamt (Agentur für Arbeit) im Rahmen des SGB III wurden weitestgehend erst vor wenigen Monaten eingestellt. Grundlage ist das Hartz-Konzept. Schulische Ausbildung ist Ländersache. Die leidige Diskussion über Elite-Universitäten wurde schnell wieder eingestellt.
Finanzmitten der EU, die vor Jahren noch für Studienabbrecher genutzt wurden, werden heute komplett benötigt, um Jugendliche ohne Schulausbildung zu betreuen.
Bundesweite Trainingsmaßnahmen die seit April/Mai laufen sollten, wurden wegen Verfahrensfehlern in der Ausschreibung nicht komplett durchgeführt. Teilnehmer der Maßnahmen sind in der Regel Langzeitarbeitslose, Mitbürger mit extremen Defiziten in der Beherrschung der deutschen Sprache und neuerdings arbeitsfähige Sozialhilfeempfänger.
Im Rheinland (Düsseldorf/Neuss) wurde die Ausschreibung von einem Bildungsunternehmen "gewonnen", dass jetzt € 1,60 pro Teilnehmer und pro Stunde erhält. Dafür ist kein qualifizierter Unterricht zu erteilen.

Habt Ihr Erfahrungen oder Informationen, wo es im Bereich Bildung hin gehen soll?

Oliver
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Ich bin seit knapp 20 Jahren in der Erwachsenenbildung zugange, und kenne bislang eher nur das ab aber kaum das auf :-) Die Richtung, wohin es gehen soll, ist also klar wenn man weiß, daß unter Kohl das Jahr vor der Wahr regelmäßig das Katastrophenjahr in der Bildung war, unter Schröder aber jedes Jahr ein mittleres Jahr ist, besser als das Folgende aber schlechter als das Vorhergehende Jahr. Für den einzelnen Bildungsdienstleister bedeutet das natürlich, eine sinnvolle Umorienterung rechtzeitig einzuleiten - was es für die Nation bedeutet, möchte ich mir lieber nicht vorstellen, da das Fernsehen als Spiegelbild des Volkes in Niveau und Widerwärtigkeit auf der nach unten offenen Qualitätsskala sein US-Vorbild schon weitgehend eingeholt hat :-( Vermutlich müssen wir den den Absturz, der sich auch in anderer Hinsicht ankündigt, erstmal durch, um einen neuen Kondratieff-Zyklus zu beginnen :-(
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Kann den Bildung als möglicher Aspekt einer neuen Investitions- und Inovationswelle eine Chance haben?
Information ist doch schon wesentlicher Teil des fünften Zyklus, an dessen Ende wir uns langsam befinden. Und das hat doch wohl nicht ganz geklappt.
Wir sprechen mittlerweile von "Bildungsfernen Schichten" unserer Gesellschaft. Und sicher ist das Problem Bildung kein innerdeutsches Problem.
Bewegen wir uns denn auf eine Zwei-Klassen-Gesellschaft zu, die sich über Bildung definiert?
Hier im Forum sind ja mehrere Teilnehmer beruflich in der Bildungsbranche tätig. Dann scheint ja für uns das Prinzip Hoffnung zu gelten. Denn dann wird sicherlich in Bildung investiert. Vielleicht nicht staatlich gelenkt, aber privat und auf betrieblicher Ebene gibt es ja auch noch eine Menge Ansatzpunkte.

Oliver
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Ort: Erfurt
Hi Oliver,

Zitat
Kann den Bildung als möglicher Aspekt einer neuen Investitions- und Inovationswelle eine Chance haben?


Ich glaube schon; man kann ja auf eine Art alle früheren Wellen als wissensinduziert betrachten: auch die großen Erfindungen der Vergangenheit haben jeweils industrielle und damit gesellschaftliche Fortschritte bzw. Veränderungen bewirkt. Erst die Gegenwart mit all ihrer technologischen und gesellschaftlichen Stagnation (nicht mehr zum Mond, keine Kernkraft mehr, Überwachung und Gängelung statt Entdeckertum und Abenteuer, Brot und Spiele statt Arbeit und Erfolg, Spaßgesellschaft statt Wissen und Lernen) spricht dauernd von der Bildung, was mir so scheint wie das dauernde Gerede von Frieden und Entwicklung in der DDR, was verdeckte, daß es beides nicht gab.

Zitat
Bewegen wir uns denn auf eine Zwei-Klassen-Gesellschaft zu, die sich über Bildung definiert?


Die Zweiklassengesellschaft kann man vermutlich uneingeschränkt bejahern, aber möglicherweise nicht, daß wir uns darauf zubewegen, denn es ist schon so und war vermutlich auch schon immer so - nur vielleicht auf einem anderen Niveau. Waren es früher die Klöster, in denen man alphabetisiert wurde, so sind es jetzt wiederum Eliten, die lernen und wissen, nur keine religiösen Eliten mehr. Eine Zwei- oder Mehrklassengesellschaft ist es aber immer noch, und ich glaube nicht, daß sich das irgendwann ändert.

Zitat
Hier im Forum sind ja mehrere Teilnehmer beruflich in der Bildungsbranche tätig. Dann scheint ja für uns das Prinzip Hoffnung zu gelten. Denn dann wird sicherlich in Bildung investiert. Vielleicht nicht staatlich gelenkt, aber privat und auf betrieblicher Ebene gibt es ja auch noch eine Menge Ansatzpunkte.


Hier müßte aber erst der unkaputtbare Glaube des Deutschen an den Staat zugrundegehen, denn noch immer werden Leute entlassen, um sie in Lehrgänge des zur Agentur mutierten Arbeitsamtes drücken und hernach wieder einstellen zu können, so daß Vater Staat für die Bildung zahlt. Erst wenn erkannt wird, daß wir uns nicht mehr im Sozialuterus befinden und in Bildung investiert werden muß, sobald man also merkt, daß Bildung keine kollektive Wohltat des Staates sondern harte Arbeit des Einzelnen ist, dann stimme ich Dir zu, dann gibt es Hoffnung. Nur daß das mE nach noch lange hin ist: zur Zeit geht es bergab, und das Ende der nach unten offenen Unbildungsskala ist noch lange nicht erreicht... leider. Das Volk der Dichter und Denker dichtet und denkt nicht mehr, das ist die traurige Wahrheit, selbst in modernisierter Form wo Gedichte und Gedanken nämlich die Form von Software und Programmcode annehmen, läuft immer weniger, wie ich immer wieder in Leerveranstaltungen sehe, in denen Teilnehmer nach Wochen noch immer nicht mit dem Explorer umgehen können. So werden wir langsam zum Entwicklungsland, und die Zahl der Analphabeten, die inzwischen siebenstellig sein soll, oder fast zweistellig in Prozent (!), wird schamhaft versteckt, noch. Armes Deutschland...
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Hallo in die Runde,

der Ausdruck der "bildungsfernen Schichten" in einem der Beiträge scheint mir recht treffend zu sein. Denn einen großen Teil dessen, was der Mensch schätzt und und für wichtig erachtet, lernt er ja schon im Elternhaus. Wer aber in einer Familie groß wird, die seit der Einführung des Örtlichen und der Gelben Seiten sogar drei Bücher zu Hause hat - was wird der wohl später seinen Kindern zeigen?

Wie der Vorsitzende der Deutsch-Türkischen Handelskammer in der aktuellen Ausgabe der Bahn-Zeitung schrieb, haben die Deutschen die Ersparnisse der Nachkriegsgeneration verbraucht. Leider nicht nur die finanziellen, sondern auch den Wissensvorsprung, auf den sich einst unser Wohlstand gründete. So ist die momentane Entwicklung nicht wirklich verwunderlich.
Wie ich in einem anderen Beitrag bereits schrieb, findet man an Fachhochschulen zuweilen Studenten, die unfähig sind, den Sinn eines deutschsprachigen Zeitungsartikels etwas gehobeneren Niveaus zu erfassen, weil sie eben im Elternhaus Bücher nicht lieben gelernt haben, was in der Schule nicht mehr nachzuholen ist.

Lesen und das Gelesene verstehen sollte man schon in der Grundschule lernen, wer das nicht schafft, hat eigentlich das Lehrziel schon dort mit großem Abstand verfehlt. Um so mehr fragt sich, was ein "Reife"zeugnis für seine Funktion als Hochschulzugangsberechtigung taugt, wenn es den "Berechtigten" an grundlegenden Fertigkeiten zu selbständiger Arbeit mangelt. Den Hochschulen müßte in so einer Situation wieder zugestanden werden, durch Aufnahmeprüfungen selbst darüber zu befinden, ob ein zukünftiger Student den Anforderungen des Studienganges gewachsen sein wird. Dann hätte es auch keinen Sinn mehr, sich mit Trick 17 durch das Abitur zu mogeln.

Grüße,
Peter
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Guten Morgen.

Das Monopol der Kirchen in Bezug auf Bildung hat sich ja in den letzten Jahren doch etwas verändert. Seit einigen Jahren haben doch wirklich alle in Deutschland die Möglichkeit, am Bildungssystem teilzunehmen. Nie war es so einfach und so preiswert, an Bildung zu gelangen.
Die allgemeine Schulpflicht sorgt erst einmal dafür, dass es schon schwer wird sich der Bildung zu entziehen. Hier muss auch an die Pflicht des Individuums apelliert werden und nicht der Ruf nach dem Staat gebetsmühlenartig wiederholt werden.
Eine akademische Ausbildung im herkömmlichen Sinne ist nicht so leicht zu bekommen und sicherlich auch heute noch vom sozialen Umfeld abhängig, in das man „hereingeboren“ wird. Aber da sehe ich noch nicht den Kern des Problems.

Ich habe selbst den Weg über Hauptschule, Gymnasium und Uni hinter mir, komme ursprünglich aus dem tiefsten Ruhrgebiet, wo es in meiner Jugend noch gereicht hat, auf der Sonderschule freundlich zu der Lehrerin zu sein. Dann ist im achten Schuljahr schon ein „Headhunter“ von der Zeche gekommen und hat einen aufgefordert, ab Montag auf´m Pütt zu arbeiten. Das hat aber funktioniert.
In den Stahlwerken sah es ja lange nicht anders aus. Trotz Perspektive, das Gehalt eines Stahlwerkers oder eines Kumpels ist wahrlich nicht schlecht gewesen, haben doch viele Jugendliche und Eltern eine völlig andere Einstellung zu Bildung gehabt und gelebt.
Die Idee der Gesamtschulen als theoretisches Konstrukt ist ja ein bemerkenswerter sozialpolitischer Ansatz gewesen.

Um Bildung als essentiellen Aspekt in einem neuen Kondratieff-Zyklus zu sehen, müssten wir doch hier ein großes Knappheitsfeld der Gesellschaft unterstellen. Nun ja, das lässt sich ja auch von den Repräsentanten unseres Staates nicht wegdiskutieren.
Aber um einen Markt zu erschließen benötige ich doch auch Bedarf und Bedürfnisse. Aber gerade Bedürfnisse als identifizierten Mangel versehen mit dem Wunsch nach Veränderung und der Möglichkeit der Finanzierung einer Änderung, sehe ich in wesentlichen Teilen der Gesellschaft nicht.

Es ist doch auch realitätsfern, ausgerechnet von denen, die der Markt ausspuckt, höheres kulturelles und soziales Engagement zu erwarten, wenn nicht vorab für diese Betrachtungsweise ein Fundament gelegt wurde.
Zaghafte Versuche der Bildungsträger, die sich bisher lediglich im SGB III Geschäft gesuhlt haben, weitere Märkte zu erschließen, zeigen doch, dass nicht nur der Betroffene selbst nicht bereit ist, für Bildung zu investieren, sondern dass auch große Unternehmen rigoros den Rotstift ansetzen, wo es um Personalentwicklung, Fort- und Weiterbildung geht. Und das Investitionsvolumen der Bildungsträger selbst in die Qualifikation der eigenen Mitarbeiter hat auch kein Rekordniveau erreicht, als es der Branche gut ging.
Kondratieff und aktuell Wassily Leontief haben ihre Theorien aber wohl nicht für Deutschland aufgestellt sondern betrachten eine globale Entwicklung. Vielleicht müssen wir uns einfach daran gewöhnen, dass Deutschland nicht nur nicht mehr Zugpferd der Entwicklung ist, sondern gar nicht mehr daran teil nimmt. Bleibt wohl die Frage, ob wir nicht mehr teilnehmen wollen oder schon nicht mehr können.

Oliver
Gast
Hallo Oliver,
Kondatrieff, Leontief? Kennst Du die Thesen von Nefiodow?

Schau doch mal unter :
www.GCN.de/Kempfenhausen/Zyklus2/Modelle.HTM

Da sind für dieses Thema sehr gut ausgearbeitete Gesprächsprotokolle seriöser Zukunftsforscher, Ökonomen und Soziologen. (Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit).

Bildung findet nicht nur in Schulen/Hochschulen statt, sondern z.B. auch hier im Forum. Wenn es Verweigerer gibt, ist das moralisch und volkswirtschaftlich bedenklich, gar katastrophal. Aber Dein Tenor klingt so nach Untergangsstimmung.
Ich sehe eine klare Gegenbewegung, die primär auf Bildung abzielt. Dies nicht nur aus beruflicher, extrinsischer Motivation heraus, sondern im Gegenteil, intrinsisch motiviert.
Was hast Du gegen eine Zwei-Klassen-Gesellschaft? Es ist kein Geburtsrecht, an Bildung teil zu haben. Wer sie nicht möchte, trägt die Konsequenzen. Wer nicht in einen PKW investiert, fährt Bus oder bleibt zu Hause.
Wer nicht in Bildung investiert (Zeit und/oder Geld) fährt im Leben umständlicher oder bleibt zu Hause bei Vormittagsprogramm und Dosenbier.
Bildung als Eintrittschein in ein "selbstgestaltetes Leben" wird uns auch neue Perspektiven bieten.

MfG
Frank
Gast
Ich möchte dir hier in aller entschiedenheit engegentreten.

Ich möchte nicht in einer (zwei-)klassegesellschaft leben. Ich weiß das ich es tute ich bekämpfe diese situation mit allen im rahmen der freiheitlich demokratischen grundordnung selbstverständlich.

Bildung ist ein Grundrecht!

Und der Erwerb von Bildung ist dem Menaschen nicht angeboren. Er muss erlernt werden.

Das Lernen zu lehren bleibt eine gesellschaftlich aufgabe, solage wir nicht alle in unseren Elternhäusern schon dieses "Lernen zu Lernen" lernen

Da das eine Utopie ist bleibt das Bildungssystem in der Verantwortung. Nur über ein Bildungssystem das gleiche chancen bietet egal aus welchem Elternhaus man stammt kann ein sicheres Fundament für eine demokratische Gesellschaft und eine gesunde Zivilgesellschaft bieten.

Und ich denke und hoffe das das ein ziel ist das wir alle anstreben.

Ridcully
Mitglied
Registriert: Aug 2009
Beiträge: 534
Gast schrieb:

Zitat
"... Bildung ist ein Grundrecht!

Und der Erwerb von Bildung ist dem Menaschen nicht angeboren. Er muss erlernt werden.

Das Lernen zu lehren bleibt eine gesellschaftlich aufgabe, solage wir nicht alle in unseren Elternhäusern schon dieses "Lernen zu Lernen" lernen

Da das eine Utopie ist bleibt das Bildungssystem in der Verantwortung. Nur über ein Bildungssystem das gleiche chancen bietet egal aus welchem Elternhaus man stammt kann ein sicheres Fundament für eine demokratische Gesellschaft und eine gesunde Zivilgesellschaft bieten.

Und ich denke und hoffe das das ein ziel ist das wir alle anstreben. ..."


Tja, und genau da liegt der Hase im Pfeffer:

WILL ES DENN DER SO OFT ZITIERTE UND HERBEIGERUFENE STAAT ÜBERHAUPT; DASS SEINE BÜRGER DENKEN???

Sicher: Denken ist nicht schädlich und tut auch nicht weh, aber der selbst denkende Mensch wird doch einfach viel zu kritisch, der selbst denkende Bürger könnte doch erkennen, was "von denen da oben" verzapft wird und das könnte doch schädlich sein.

Solange es für den Bürger wichtiger ist, wer nächster Fußballtrainer von diesen überbezahlten Freizeitkickern wird, solange wird es auch niemanden richtig drücken, was sich hinter Hartz verbirgt. Und solange wird es auch niemanden wirklich interessieren, dass es auch andere Dinge gibt, als bescheuerte Nachmittags- und Talkshows im immer "niewo"-volleren TV.

Schlimm, die Entwicklung, aber ich kann bisher keinen Optimismus teilen.

Ciao! :cry:
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Ort: Hessen
Hallo in die Runde,

wenn wir hier schon über Bildung sprechen: die im Eingangsbeitrag erwähnte Bundesministerin heißt, soweit ich mich erinnere, Bulmahn ;-)

"Kunde" schrieb
WILL ES DENN DER SO OFT ZITIERTE UND HERBEIGERUFENE STAAT ÜBERHAUPT; DASS SEINE BÜRGER DENKEN???


Ähem, es ist sehr schwer, dafür positive Anzeichen zu entdecken. Wie aufmerksame Mitglieder wissen, lese ich regelmäßig die Verlautbarungen des BPA und fühle mich da selbst abends nach getaner Arbeit nicht immer geistig überfordert. Was einem hier in Deutschland zu Wahlzeiten zugemutet wird (neuerdings auch noch Monate danach, und wann ist hierzulande schon einmal gerade keine Wahl), erzeugt auch selten ein Hochgefühl der Wertschätzung. So muß sich niemand wundern, wenn dann an dem einzigen Tag, an dem Demokratie stattfindet, die Mehrheit der Bevölkerung für sie gerade keine Zeit hat.

"Kunde" schrieb
Sicher: Denken ist nicht schädlich und tut auch nicht weh,
...

Fragt sich nur, wem wessen Gehirntätigkeit schadet oder auch nicht.

"Kunde" schrieb
Solange es für den Bürger wichtiger ist, wer nächster Fußballtrainer von diesen überbezahlten Freizeitkickern wird, solange wird es auch niemanden richtig drücken, was sich hinter Hartz verbirgt. Und solange wird es auch niemanden wirklich interessieren, dass es auch andere Dinge gibt, als bescheuerte Nachmittags- und Talkshows im immer "niewo"-volleren TV.


Scheinbar bin ich kein Bürger, wenn sich das aber an der Lektüre einer immer öfter zitierten bunt bedruckten Zeitung festmacht, bin ich besser keiner. Auch fehlt mir ein Fernsehgerät nicht wirklich in meiner Wohnung, obwohl es gelegentlich auch Sendungen gibt, die man sich ansehen könnte.
Es ist nicht immer einfach, es mitzubekommen, wenn wirklich etwas wichtiges stattgefunden hat. Wenn irgendwo auf der Welt mehrere Leute Opfer eines bedauerlichen Unglücksfalles werden, darf man sicher sein, das nicht zu verpassen - beschließt aber die eigene Regierung irgendein Gesetz, so muß man schon zufrieden sein, das überhaupt zu erfahren.

Ich erinnere mich an Zeiten in einem Teil Deutschlands, da Gesetze im Wortlaut in der Tagespresse abgedruckt oder wenigstens vor ihrer Verabschiedung ausgiebig diskutiert wurden. Diese Zeiten haben wir überwunden. Am 05. Juni 2004 hat Johannes Rau in Hamburg eine Rede zum Thema "Medien - Anspruch und Realität" gehalten, deren Lektüre ich in diesem Zusammenhang nur wärmstens empfehlen kann.
Wenn die Bundesanstalt für Abeit in einem Sozialgerichtsprozeß auf das Argument, über eine bestimmte Regelung sei in Presse und Rundfunk ausführlich berichtet worden, von den Richtern schriftlich bekommt, ihnen als fachlich besonders sensibilisierten Bürgern sei nichts dergleichen aufgefallen, so bedarf das keines Kommentars mehr.

Grüße,
Peter
Mitglied
Registriert: Aug 2009
Beiträge: 534
Hi Peter,

das ist es doch, was bezweckt werden soll:

Die Lesbarkeit von "amtlichen Verlautbarungen" sprich Gesetze, Vorschriften, Verwaltungsanordnungen und dergleichen mehr ist so verquast, dass man davon im Kopf eigentlich nur "bräsig" werden kann.

Kein "Betroffener" kommt ohne Unterstützung durch Interpretationsgehilfen mehr durch. Hoch lebe der Berufsstand der Lese- und Verständniskundigen.

Zitat
Es ist nicht immer einfach, es mitzubekommen, wenn wirklich etwas wichtiges stattgefunden hat. Wenn irgendwo auf der Welt mehrere Leute Opfer eines bedauerlichen Unglücksfalles werden, darf man sicher sein, das nicht zu verpassen - beschließt aber die eigene Regierung irgendein Gesetz, so muß man schon zufrieden sein, das überhaupt zu erfahren.


Auch hier bekommen wir gewollt, vorsätzlich gewollt "amerikanische Zustände": Wir werden ganz bewusst "dumm gehalten". :oops: Ich habe schon vor ca. 20 Jahren einen Rundfunksender in Los Angeles gehört, der 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche NUR LOKALE NACHRICHTEN gebracht hat (der entlaufene Dackel einer Rentnerin war für mindestens ein Dutzend Sendungen gut!). Damit wir uns richtig verstehen, keine Musik dazwischen, aber gottlob Werbung! Versuch doch mal in Amiland im TV Nachrichten zu sehen, die Infos aus dem Ausland betreffen...

Ciao!
Mitglied
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Beiträge: 229
Ort: Bayern
"Anonymous" schrieb
Das Lernen zu lehren bleibt eine gesellschaftlich aufgabe, solage wir nicht alle in unseren Elternhäusern schon dieses "Lernen zu Lernen" lernen


Dummerweise haben "gesellschaftliche Aufgaben" die unangenehme Eigenheit, dass sich niemand drum kümmert. Oder sich auch nur dafür zuständig fühlt. Denn "die Gesellschaft" - das sind im Zweifelsfall immer "die Anderen".

Nein, Anonymus - Bildung ist eine höchst individuelle Angelegenheit. Allenfalls die Bereitstellung der dafür benötigten Infrastruktur kann eine staatliche (keine gesellschaftliche) Angelegenheit sein.

Harry pflegt zu sagen, dass der Weg zum Erfolg durchs Treppenhaus führt. Und ich füge dem hinzu, dass man auch selbst gehen muss.

Gruß, Guido


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