Forum

"Meister-Studium" in NRW, Modellversuch oder mehr?

Gesperrt

Seite: 1

Autor Beitrag
Mitglied
Registriert: Jun 2004
Beiträge: 353
"Meister-Studium" in NRW, Modellversuch oder mehr?

In der Zeit von 1995 bis zum Wintersemester 1999/2000 wurde vom Ministerium für Schule, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen ein Modellversuch durchgeführt in dem studierwillige Personen die nicht über eine normale Hochschulberechtigung (Fachhochschulreife bzw. Allgemeine Hochschulreife) verfügten, ein fachbezogenes Studium an einer Fachhochschule bzw. Universität-Gesamthochschule mit Fachhochschulstudiengänge aufnehmen.

Der Modellversuch war für:
- Meisterinnen und Meister im Sinne des Berufsbildungsgesetzes (Industriemeister) und der Handwerksordnung (Handwerksmeister),
- Absolventinnen und Absolventen von zweijährigen Fachschulen des Landes NRW sowie
- Pflegekräfte, die die Weiterbildungsbezeichnungen gem. § 2 des Weiterbildungsgesetzes Alten- und Krankenpfleger (WGAuKrpfl) führen, dürfen bestimmt.

Dieser Personenkreis wurde ohne Qualifikation gem. § 44 Fachhochschulgesetz und ohne Einstufungsprüfung gem. § 45 FHG in fachlich entsprechenden Studiengang zugelassen.

Die Fachhochschulen bzw. Universität-Gesamthochschule mit Fachhochschulstu-diengänge reservierten den Studierwilligen 3 % der Studienplätze je Disziplin. In den Studiengängen wo diese Prozentzahl überschritten wurde, wurde ein Auswahlverfahren angewandt.

Im angegebenen Zeitraum haben sich 1567 Interessierte beworben von denen 1186 eine Zulassung zum Studium erhielten. 956 Studenten haben das Studium aufgenommen, 258 davon waren Frauen.

Als Vorqualifikation hatten 447/37 Studienanfänger/Studienanfängerinnen eine Meisterprüfung, 241/209 einen Fachschulabschluss, 9/12 eine Pflegeweiterbildung, 1 Studienanfänger machte keine Angaben. Von den 484 Studienanfänger/Studienanfängerinnen mit Meisterprüfung war die Gruppe der Industriemeister/Industriemeisterinnen nur mit 91 Kommilitonen vertreten.

Entsprechend der Vorqualifikation war die Wahl der Studienbereiche erheblich. 45 % der Studienanfänger/Studienanfängerinnen entschieden sich für die Ingenieurwissenschaft, 28 % für das Sozialwesen, 12 % für Wirtschaftswissenschaft, 5 % für Wirtschaftsingenieurwesen und 7% entfielen auf die übrigen Bereiche.

Das Alter der Studienanfänger des Modellversuchs lag zwischen 31 und 32 Jahren. Im vergleichbarem Zeitraum lag das Alter der allgemeinen Studienanfänger bei 23 - 23,5 Jahre.

1995 haben 41 %, 1996 43 %, 1997 42 %, 1998 29 % das Studium abgebrochen. Ein erheblicher Anteil hat bereits im ersten bzw. nach dem zweiten Semester das Studium aufgegeben. Hier lag der Schwerpunkt bei den Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften, je ca. 25 - 33 %. Im Bereich Sozialwesen war die Abbruchrate geringer was auf eine evtl. bessere Vorbereitung zurückzuführen ist. Die Finanzierung des Studiums erfolgte überwiegend vom eigenen Verdienst 42 %, BAföG 29 %, 10 % (Ehe-)Partner, 4 % Ersparnisse, 2 % Eltern, 5 % andere Quellen und 8 % keine Angaben.

Die Bewertung über die Studierfähigkeit des Personenkreises ist unterschiedlich. Einige Hochschulen attestierenden Studenten ein besonderes Maß an Motivation das durch ein zügiges und ernsthaftes Studium dokumentiert wurde. Andere dagegen, 30 % fanden das den Studenten die "notwendige Ernsthaftigkeit" fehlte. Als Kenntnisdefizite in den Grundlagenfächern wurde insbesondere die Mathematik, in den technischen Studiengängen aber auch in der Wirtschaftswissenschaft angesehen. Evtl. ist dies auch ein Grund für die hohe Zahl der Studienabbrecher in den Disziplinen.

Das studienbegleitende Institut schlägt vor, dass vor Aufnahme des Studiums eine Pflichtberatung stattfinden soll damit der Bewerber erfährt, welche Grundkenntnisse erwartet werden. Es soll ihm erspart bleiben, das er erst nach Studienaufnahme mit den Kenntnisdefiziten konfrontiert wird. In diesem Gespräch soll auch auf die Nutzung entsprechender Brückenkurse hingewiesen werden und dass bei der Beibehaltung einer vollen Berufsfähigkeit das Studium nicht zu bewältigen ist. Dieser Hinweis wurde von Studierendenbefragungen häufig genannt.

Bezugsquelle: Projektbericht über die Evaluation des nordrhein-westfälischen Modellsversuchs "Hochschulzugang ohne Hochschulreife für besonders qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber gemäß § 45 a Fachhochschulgesetz Nordrhein- Westfalen" (Auszug)

P.-J. Falck
Mitglied
Registriert: Jun 2004
Beiträge: 353
Gesetzestext

Verordnung über den Zugang zu einem Fachhochschulstudium für in der beruflichen Bildung Qualifizierte vom 13. Januar 2003 (*1).

Aufgrund das § 66 Abs. 4 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hochschulgesetz - HG) vom 14. März 2000 (GV. NRW. S. 190), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 18. Dezember 2002 (GV. NRW. S. 644) (*2), wird angeordnet:

§ 1
Als Bewerberinnen und Bewerber zum Studium in einem fachlich entsprechenden Fachhochschulstudiengang können zugelassen werden:
1. Meisterinnen und Meister im Sinne des Berufsbildungsgesetzes und der Handwerksordnung,
2. Absolventinnen und Absolventen zweijähriger Fachschulausbildungen,
3. Fachwirtinnen und Fachwirte sowie Fachkauffrauen und Fachkaufmänner und
4. Pflegekräfte, die die Weiterbildungsbezeichnung gemäß § 2 des Weiterbildungsgesetzes Alten- und Krankenpfleger führen dürfen.

§ 2
(1) Der Nachweis der entsprechenden beruflichen Qualifikation berechtigt zur Studienaufnahme
1. Meisterinnen und Meister in den Studiengängen Wirtschaft sowie in einem fachlich entsprechenden Studiengang,
2. Absolventinnen und Absolventen zweijähriger Fachschulausbildung in einem fachlich entsprechenden Studiengang,
3. Fachwirtinnen und Fachwirte sowie Fachkauffrauen und Fachkaufmänner in einem fachlich entsprechenden Studiengang,4. Pflegekräfte, die die Weiterbildungsbezeichnung gemäß § 2 des
Weiterbildungsgesetzes Alten- und Krankenpfleger führen dürfen, in Studiengänge des Sozialwesens und in Studiengänge, die unmittelbar auf die Pflege bezogen sind.

(2) Über die weitere fachliche Zuordnung der Berufe zu den Studiengängen entscheidet die Fachhochschule auf der Grundlage ihrer Fachkompetenz in Verbindung mit den Berufsbildern, den Studienrichtungen und -schwerpunkten. Änderungen von Berufsbildern, neue Berufe und neuen Studiengängen sind zu berücksichtigen.

§ 3
(1) Bewerbungen sind spätestens bis zum 15. Januar für das folgende Sommersemester und spätestens bis zum 15. Juli für das folgende Wintersemester an die Fachhochschule zu richten.
(2) In der Bewerbung sind der angestrebte Studiengang und die Studienrichtung anzugeben. Der Bewerbung ist der Nachweis über den gemäß § 1 erworbenen Abschluss beizufügen.

§ 4
(1) Bewerberinnen und Bewerber nehmen in der Regel an einem Beratungsgespräch teil. Hierbei soll ermittelt werden, ob Defizite in Grundlagenfächern bestehen. Das Beratungsgespräch soll auch über Chancen des Ausgleichs solcher Defizite im sinne einer Studienerfolgsprognose informieren.
(2) Die Fachhochschule kann besondere Angebote zum Ausgleich von Defiziten bereitstellen.

§ 5
(1) Die Fachhochschule lässt die Bewerberinnen und Bewerber zum Studium zu und vergibt die Studienplätze.
(2) Für diesen Bewerberkreis werden in den Studiengängen jeweils 3% der Studienplätze reserviert:
1. in den Studiengängen, in denen ein zentrales Zulassungsverfahren angeordnet ist, wird die sich aus der Quote ergebenen Zahl von der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen berechnet und der Fachhochschule mit der so genannten Ausländerquote mitgeteilt,
2. in Studiengängen mit örtlicher Zulassungsbeschränkung ermittelt die
Fachhochschule die sich aus dieser Quote ergebenen Zahl aufgrund der
Zulassungszahlverordnung,
3. in Studiengängen, die zulassungsfrei sind, errechnet die Fachhochschule die sich aus dieser Quote ergebenen Zahl in analoger Anwendung der Kapazitätsverordnung.
(3) Ist die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber nicht größer als die im Rahmen der Quote zur Verfügung stehenden Studienplätze, werden alle Bewerberinnen und Bewerber zugelassen.
(4) Ist die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber höher als die im Rahmen der Quote zur Verfügung stehenden Studienplätze, findet ein Auswahlverfahren statt. Die Zulassung erfolgt nach dem Ergebnis des Auswahlverfahrens. Bei gleichen Ergebnissen entscheidet das Los. Die
Ergebnisse und die Losentscheidungen sind aktenkundig zu machen.

§ 6
(1) Für das Auswahlverfahren wird eine Kommission für jeden Studiengang von der Rektorin oder dem Rektor bestellt. Für mehrere verwandte Studiengänge kann eine gemeinsame Kommission bestellt werden.
(2) Der Kommission gehören zwei Professorinnen oder Professoren und eine Angehörige oder ein Angehöriger der Fachhochschulverwaltung an. In begründeten Ausnahmefällen kann die Kommission aus einer Professorin oder einen Professor, einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin oder einem wissenschaftlichen Mitarbeiter und einer Angehörigen oder einem Angehörigen der Fachhochschulverwaltung bestehen.

§ 7
(1) Im Auswahlverfahren wird die Rangfolge der Bewerberinnen und Bewerber aufgrund der Bewerbungsunterlagen und eines Auswahlgesprächs ermittelt. Die Kommission kann durch
einen einstimmigen Beschluss in besonderen Fällen von dem Auswahlgespräch absehen.
(2) Das Auswahlgespräch soll Aufschluss über die Motivation und die Eignung für das von der Bewerberin oder dem Bewerber gewählte Studium und den angestrebten Beruf geben.
(3) Die Kommission kann zur Ermittlung der Rangfolge Punkte vergeben:
1 bis zu 3 Punkte, wenn der berufsqualifizierende Abschluss mit einem über den Mindestanforderungen liegende Grad der Qualifikation erworben wurde, 2 bis zu 3 Punkte, für eine dem berufsqualifizierenden Abschluss entsprechende Berufstätigkeit,
3. bis zu zwei Punkte für berufliche Erfahrungen, die im Hinblick auf den angestrebten Studiengang besonders bedeutsam sind,
4. bis zu zwei Punkte, wenn sonstige besondere Gründe für die Aufnahme des Studiums sprechen.
(4) Die Kommission kann eine Vertreterin oder einen Vertreter der Berufspraxis anhören.

§ 8
Diese Verordnung tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2003 in Kraft.
Die Ministerin für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen

*1 GV.NRW.2003 S. 30, in Kraft getreten mit Wirkung vom 1. Januar 2003.
*2 SGV.NRW.223


Gesperrt

Seite: 1

Parse-Zeit: 0.0624 s · Memory usage: 1.47 MB · Serverauslastung: 1.06 · Vorlagenbereich: 2 · SQL-Abfragen: 8