Forum

Kfz.-Steuer: rechtswidrige Erhebungspraxis?

Gesperrt

Seite: 1

Autor Beitrag
Mitglied
Registriert: Apr 2004
Beiträge: 610
Ort: Hessen
Wie man auf der Internetseite des Hessischen Finanzministeriums http://www.hmdf.hessen.de lesen kann, wurde zum 01. Januar 2004 verfügt, daß in diesem Bundesland kein Steuerpflichtiger mehr ein Kraftfahrzeug auf seinen Namen zugelassen bekommt, der nicht dem Landratsamt die Einzugsermächtigung für die fällig werdende Kfz.-Steuer von seinem Konto erteilt. Ausnahmen soll es in besonderen "Härtefällen" geben, Steuerbefreiungen sind nachzuweisen bzw. glaubhaft zu machen. Die Verfügung ist vorerst bis zum Jahresende befristet.

Zudem prüft man probeweise in bestimmten, in der Verfügung abschließend aufgezählten Landratsämtern, ob der zukünftige Halter noch Rückstände an Kfz.-Steuer bzw. stl. Nebenleistungen hat. Diese sind vor der Zulassung des nächsten Fahrzeuges an Ort und Stelle bar zu entrichten. Sind die Rückstände streitig, wird die Zulassung bis zur Klärung (d.h. m.E. bis zum Abschluß des Rechtsbehelfs- bzw. Finanzgerichtsverfahrens) zurückgestellt.
Mit der Unterzeichnung der Vollmacht erklärt sich der abwesende Halter einverstanden, daß dem Bevollmächtigten, den er mit den Zulassungsformalitäten beauftragt hat, Auskunft über diese Schuldstände gegeben wird. Diese Vorgehensweise erfüllt m.E. eindeutig den im § 30 Abs.2 Nr.1a AO beschriebenen Tatbestand.

Im übrigen halte ich die Verfügung für deutlich überzogen und nicht durch §§ 30a Abs.4 und 90 Abs.1 AO gedeckt:
Die StVZO sieht nicht als notwendige Voraussetzung für das Inverkehrbringen eines Kraftfahrzeuges vor, daß der Halter über eine Bankverbindung in der Bundesrepublik Deutschland verfügt.
Auch die Frage, ob und in welcher Höhe Kfz.-Steuer festzusetzen ist, hängt nach dem einschlägigen Gesetz nicht davon ab, ob und bei welchen in der Bundesrepublik tätigen Banken der Halter Konten und Depots unterhält. Dies ist auch keine Voraussetzung dafür, daß die Kfz.-Steuer überhaupt entrichtet werden kann, denn die korrekt festgesetzte Steuer kann auch bei einem beliebigen Kreditinstitut zugunsten der Finanzkasse bar eingezahlt werden.
Und nicht zuletzt ist es in der bundesdeutschen Praxis der Steuererhebung sicher einmalig, daß die Steuerzahlung nur dann akzeptiert wird, wenn sie der Steuerpflichtige höchstpersönlich leistet. Dies ist mit fiskalischen Motiven nicht erklärbar und damit schießt die Verfügung weit über das erklärte Ziel hinaus.

Umgekehrt wiederum bietet die Erfassung einer persönlichen Bankverbindung des Halters bekanntermaßen keinerlei Garantie dafür, daß die Steuer dort auch eingehoben werden kann. Banken sind regelmäßig nicht verpflichtet, Lastschriften auszuführen, wenn das belastete Konto im Moment der Belastung nicht ausreichend gedeckt ist. Zudem kann der Steuerpflichtige nicht gezwungen werden, infolge materiell unrichtiger Verwaltungsakte zu hohe Abbuchungen unwidersprochen hinzunehmen. Somit ist die Verfügung letztlich auch ungeeignet, die Erhebung der Kfz.-Steuer gerade bei hartnäckigen Steuerverweigerern zu vereinfachen, die man vorgeblich damit treffen will.

Die Vorgehensweise scheint zudem nicht geeignet, mit Steuerangelegenheiten bisher nicht betraute Verwaltungsangestellte der Landratsämter für den Regelungsinhalt der §§ 30, 30a und 90 AO zu sensibilisieren. Zumal die o.g. fiskalisch nicht motivierbare Bestimmung den Eindruck hinterläßt, daß die Erfassung der Bankverbindung eigentlich für die Regulierung einfacher Verkehrsordnungswidrigkeiten benötigt wird. Da nicht alle Kreditinstitute die Bereitschaft haben, unpfändbare Bezüge abzusondern, wird sich dadurch die Rechtsposition vieler Bürger im Straßenverkehr nicht gerade verbessern.

Anmerkung:
Wie ich inzwischen erfahren habe, nötigt man die Bürger auch in Niedersachsen und Rheinland-Pfalz, ihre Bankverbindungen preiszugeben oder ihre Autos zu verschrotten. Thüringen und Sachsen halten sich derzeit noch an das Gesetz.

Bei den Nachfragen hat sich überdies gezeigt, daß noch nicht einmal alle Angestellten der Zulassungsstellen wissen, daß die AO ein Steuergesetz ist - es grenzt daher wohl an Naivität anzunehmen, daß sie als mit der Verwaltung von Steuern betraute Amtsträger die Regelungen der §§ 30 und 30a AO strikt beachten werden.
« Zuletzt durch Peter am 02.06.2004 01:44 Uhr bearbeitet. »
Mitglied
Registriert: Aug 2009
Beiträge: 534
Hi Peter,

in diesem Zusammenhang ist es für die Finanzverwaltung vielleicht erheblich einnahmeträchtiger, wenn in Hessen (sozusagen als Feldversuch) allen Neugeborenen ein Chip in den Arsch getackert wird, der beim Betreten von öffentlichen Gebäuden eine sofortige Benutzungsabgabe des zur Verfügung gestellten atembaren Luftanteils nach sich zieht. :P

All diese (Kfz-)steuerlichen Vorstöße zielen doch in die Richtung RFID mit totaler Kontrolle. Zum Glück haben die Verwaltungen (noch nicht) die Computerausstattung und Vernetzung, uns in allen Richtungen zu checken - aber Geduld, das kann sich nur noch um wenige Jahre handeln, dann wirst auch Du überall erkannt! :cry:

"Big brother is watching you!" war damals nur eine mickrige Idee!
Mitglied
Registriert: Apr 2004
Beiträge: 610
Ort: Hessen
Hallo in die Runde,

das Thema Fahrzeugzulassung ist kürzlich im Bekanntenkreis wieder auf die Tagesordnung gekommen. Dazu wurde von einem Finanzbeamten behauptet, die Landesregierung sei durch § 12 Abs.5 KraftStG zu eben diesem Verfahren ermächtigt.
Da habe ich wieder einmal ein Verständnisproblem: von Angehörigen der steuer- und wirtschaftsberatenden Berufe, deren Angestellten, sowie von leitenden Angestellten von Rechnungs- und Finanzabteilungen wird gemeinhin eine umfassende Kenntnis einer Vielzahl von Einzelsteuergesetzen und Nebenbestimmungen erwartet, als da wären AO, EStG, GewStG, KStG, LStG, UStG, ... um nur die hauptsächlichsten zu nennen. Dazu kommen natürlich noch andere Kleinigkeiten, wie einzelne Bestimmungen des BGB, des HGB, der GewO, des SGB. Was soll man da von einem Finanzbeamten halten, der offenbare Interpretationsprobleme mit den für ihn lediglich einschlägigen Bestimmungen der AO und des KraftStG (dessen Wortlaut: http://www.steuernetz.de/gesetze/kraftstg04/ ) hat?
Anders kann ich die Aussage nicht verstehen, denn zwischen der Steuerfestsetzung, von der im von ihm genannten § 12 (5) KraftStG die Rede ist und der Steuerbeitreibung, die von den Zulassungsbehörden in Wirklichkeit praktiziert wird, liegen Welten.

§ 12 (5) KraftStG:
"Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass in den Fällen des § 11 Abs. 1, 2 und 4 Nr. 1 Buchstabe a, Nr. 2 und 3 die Steuer durch die Zulassungsbehörde festzusetzen ist, wenn und soweit dadurch die Erhebung der Steuer erheblich erleichtert oder verbessert wird. Insoweit wird die Zulassungsbehörde als Landesfinanzbehörde tätig. Alle weiteren Aufgaben obliegen dem Finanzamt; es darf fehlerhafte Steuerfestsetzungen der Zulassungsbehörde aufheben oder ändern und unterbliebene Steuerfestsetzungen selbst vornehmen."

Daß Steuerfestsetzung und -beitreibung nicht dasselbe ist, zeigt sich schon an der Organisationsstruktur des Finanzamtes. Die Ermittlung der Steuerfälle und die Steuerfestsetzung obliegt der Veranlagungsstelle (hier die Kraftfahrzeugsteuerstelle), die Beitreibung dagegen der Vollstreckungsstelle. Letztere wird aber nur tätig, wenn der Stpfl. seiner Zahlungspflicht trotz Mahnungen nicht nachkommt.
Es ist immer noch eine Unterstellung zu behaupten, die Vollstreckungsstelle sei ohnehin mit jedem Stpfl. befaßt, wie das aus der Verordnungsbegründung abgeleitet werden kann. Die genannte Verordnung macht aber aus der Zulassungsstelle nicht nur die Veranlagungsstelle, wie laut § 12 (5) KraftStG statthaft und aus Rationalisierungsgründen auch naheliegend, sondern auch die Vollstreckungsstelle, indem sie eine Kontenpfändung ins Veranlagungsverfahren einbindet. Und das Ganze mit Verwaltungsangestellten, die von der AO in ihrem Leben noch nichts gehört haben.

Grüße,
Peter
Mitglied
Registriert: Apr 2004
Beiträge: 153
Ort: NRW
Diese Woche ging doch wieder einmal durch die Medien, dass die KFZ-Steuer abgeschafft und durch höhere Mineralölsteuer ersetzt werden soll.

Hoffentlich gibt das dieses Ma etwas: wird die KFZ-Steuer abgeschafft und die Kilometer-Pauschalen erhöht, könnte das eine gerechte Steuer werden:

diejenigen, die viel fahren, tragen auch durch höheren Verschleiß der Straßen bei, müssten höhere Steuern zahlen, geschieht das Ganze beruflich, wird wieder entsprechend entlastet.

Außerdem schwindet der ganze Verwaltungsaufwand ob U-Kat, E-Kat, G-Kat oder Kit-Kat....

Achim
Mitglied
Registriert: Aug 2009
Beiträge: 534
Hi Achim,

das wäre doch zu schön, um wahr zu sein. :roll:

Die von Dir angedachten Regelungen sind leider für unseren allumfassend geregelten Beamtenstaat viel zu einfach, es fehlen grundsätzliche Ausnahmen, besondere Ausnahmen, bevorzugte Behandlungen, ganz zu schweigen von den Ausnahmen zu den Ausnahmen. :wink:

Ciao!
Mitglied
Registriert: Apr 2004
Beiträge: 153
Ort: NRW
"Kunde" schrieb
Hi Achim,

das wäre doch zu schön, um wahr zu sein. :roll:


Ne, ne!

Das ging letzte Woche durch die Medien, dass die Bundesregierung genau diese Verwaltungsvereinfachungen plant !

Gruß

Achim


Gesperrt

Seite: 1

Parse-Zeit: 0.0595 s · Memory usage: 1.48 MB · Serverauslastung: 1.77 · Vorlagenbereich: 2 · SQL-Abfragen: 11