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Fragen Steuern

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Mitglied
Registriert: Aug 2008
Beiträge: 1
Hallo zusammen,

kann mir jemand da draussen helfen?

1 Billi Brutalo ist in Berlin ein stadtbekannter Vermieter. In seinem Mehrfamilienhaus in der Frommhagenstr. herrscht strenge Zucht und Ordnung. Wer zweimal nicht seiner Pflicht zur Treppenreinigung im Hausflur nachkommt, hat mit strengsten Reglementierungen zu rechnen. Das Haus besteht aus EG, 1 OG und 2 OG, die mit 120 qm alle gleich groß sind. Das Haus hat 2005 eine neue Fassade bekommen, die ihn 18000 Euro zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer gekostet hat.
Im EG des Hauses ist gerade ein Ableger des AWD (Finanzdienstleister) eingezogen. Er vertreibt mit einem sehr agilen Team Aktienfonds und Lebensversicherungen. Als Monatsmiete sind 7 € pro qm vereinbart. Im 1 OG befindet sich seit kurzem ein Tierarzt, der sich selbst Dr. Doolittle nennt. Alle Tiere haben Ihn gern. Manchmal riecht er allerdings etwas stark nach Katzen- und Hundeurin (= 6€ pro qm im Monat). Im 2. OG hält Brutalo zwei Pensionszimmer vor, die er zur kurzfristigen Unterbringung von auswärtigen Gästen anbietet (Gesamteinnahmen 2000 Euro in 2005). Ein weiteres Zimmer hat er an einen Studenten für ein Jahr zu einer Pauschale von 1200€ für das ganze Jahr abgegegeben.

a) Kann Brutalo die Vermietung steuerpflichtig behandeln und gegenüber den Mietern zuzüglich Umsatzsteuer berechnen (§ UStG)?

b) In welchem Umfang kann Brutalo die Umsatzsteuer aus der Fassadenrenovierung als Vorsteuer abziehen?

c) Wie hoch ist die USt- Zahllast / Erstattungsbetrag in 2005?


2
Guide Westerschnelle und Jürgen Müllmann waren bis vor kurzem genau wie Modern Talking ein erfolgreiches Gesangsduo. Beide Sänger wohnen in Bonn am Rhein. Sie werden von einer Agentur (This schiss) mit Sitz in London promoted. Die Agentur hat für das Gesangsduo im Oktobe r 2005 zwei Abschlusskonzerte abgeschlossen, und zwar eines in Baden Baden und das andere in Zürich in der Schweiz. Sie als steuerliche Berater unserer beiden deutsch singenden tollen Sänger sollen erläutern, ob und in welcher Höhe auf alle hier angesprochenen Leistungen deutsche Umsatzsteuer anfällt.

3
An der Brutalo-GmbH Deutschland, einem, Bewachungsunternehmen mit Sitz in Hannover, sind die beiden Gesellschafter Edi Stoiber und Gerdo Schröder beteiligt. Beide sind zugleich Geschäftsführer. Zu Weihnachten des Jahres 2005 stellen beide fest, dass der Gewinn vor Steuern wider Erwarten gut auszufallen droht. Deshalb wird Ende Dezember 2005 gemeinsam der Beschluss gefasst, das monatliche GF-Gehalt um 3000€ pro Monat rückwirkend für die Monate ab Januar 2005 für beide Gesellschafter- Geschäftsführer anzuheben. Die Höhe ist durchaus bei der Größe und dem Gewinn der GmbH angemessen. Der Steuerberater schlägt trotzdem die Hände über dem Kopf zusammen. Warum?
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Beiträge: 7407
Ort: Erfurt
Moin,

zu 1. fällt mir §4 Satz 1 Nr. 12 UStG ein. Nur die kurzfristige Vermietung ist hier umsatzsteuerpflichtig (§4 Satz 1 Nr. 12 Satz 2 UStG). Die anderen Leistungen sind zunächst umsatzsteuerbefreit. Brutalo wird aber ein Interesse an der USt auf der Miete haben, weil er sonst für die Sanierungsarbeiten keine VSt ziehen kann (§15 Abs. 2 UStG). Dies kann zu Härten führen, wenn etwa der Vermieter hohe umsatzsteuerpflichtige Bau- oder Reparaturleistungen durchgeführt hat, was hier ja der Fall zu sein scheint. In §9 Abs. 1 UStG wird deshalb ein Verzicht auf die Steuerbefreiung zugelassen, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird. Der Vermieter muss dann seine Mieteinnahmen versteuern, kann aber die Vorsteuer aus den auf die Vermietung entfallenden Rechnungen abziehen. Der gewerbliche Mieter erhält die auf dem Mietzins lastende USt in Rechnung
gestellt und kann sie seinerseits wieder abziehen. Diese Option ist aber nur zulässig, wenn auch der mietende Unternehmer das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen (§9 Abs. 2 UStG). In dem Beispielgebäude sind aber der Finanzdienstleister und der Tierarzt sowie Privatparteien ansässig. Soweit ich sehe, haben alle diese keinen Vorsteuerabzug. Falls ich nichts übersehen habe, kann daher gar keine umsatzsteuerpflichtige Miete vereinbart werden. B. kann aber auch keine Vorsteuer ziehen – ja, die oben beschriebene Härte.

Zu dem Musiker-Fall, bitte mal in §3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a) nachsehen: kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen einschließlich der Leistungen der jeweiligen Veranstalter sowie die damit zusammenhängenden Tätigkeiten, die für die Ausübung der Leistungen unerläßlich sind, werden dort ausgeführt, wo der Unternehmer jeweils ausschließlich oder zum wesentlichen Teil tätig wird. Der Wohnsitz ist mE nach hier nicht relevant, solange der Ort der Tätigkeit nicht auch in Bonn liegt.
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Registriert: Jul 2008
Beiträge: 47
Einen wunderschönen guten Tag,

zu 3.:

der Steuerberater rauft sich deshalb die Haare, weil

a) es viel zu heiß im Büro ist und etwas Luft an den Kopf kommen soll,

b) seine Freundin trotz der Temperaturen schon wieder einen Zobel haben will – dieses mal in grün,

c) im Falle der rückwirkenden Vergütung eine verdeckte Gewinnausschüttung gemäß § 8 Abs. 3 KStG vorliegt.

Was eine verdeckte Gewinnausschüttung beinhaltet, hat sich durch Rechtsprechung entwickelt. Die Finanzverwaltung hat diese Rechtsprechung aufgegriffen und die wesentlichen Grundsätze in Richtlinien gepackt, die lediglich von der Finanzverwaltung, nicht jedoch durch den Steuerpflichtigen zu beachten sind. Wenn ich also als Steuerpflichtiger von diesen Richtlinien abweiche, dann brauche ich erstens gute Gründe – und zweitens gibt es Krempel, notfalls einen Rechtsstreit vor dem Finanzgericht.

So sagt die Körperschaftsteuerrichlinie 36 aus 2004:

(1) 1 Eine vGA i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags i. S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG auswirkt und nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruht. 2 Bei nicht buchführungspflichtigen Körperschaften ist auf die Einkünfte abzustellen. 3 Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist auch dann gegeben, wenn die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung bei der Körperschaft zugunsten einer nahe stehenden Person erfolgt.

(2) 1 Im Verhältnis zwischen Gesellschaft und beherrschendem Gesellschafter ist eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis in der Regel auch dann anzunehmen, wenn es an einer zivilrechtlich wirksamen, klaren, eindeutigen und im Voraus abgeschlossenen Vereinbarung darüber fehlt, ob und in welcher Höhe ein Entgelt für eine Leistung des Gesellschafters zu zahlen ist, oder wenn nicht einer klaren Vereinbarung entsprechend verfahren wird. 2 Die beherrschende Stellung muss im Zeitpunkt der Vereinbarung oder des Vollzugs der Vermögensminderung oder verhinderten Vermögensmehrung vorliegen.

Im vorliegenden Fall ist der Absatz 2 interessant.

Ein weiteres Argument auf Seiten der Finanzverwaltung ist der § 43 AO. Der sagt:

§ 42 Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten

(1) Durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts kann das Steuergesetz nicht umgangen werden. Liegt ein Missbrauch vor, so entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht.

(2) Absatz 1 ist anwendbar, wenn seine Anwendbarkeit gesetzlich nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist.

Das Gehalt nachträglich zu erhöhen mit dem Ziel, keine oder weniger Steuern zu zahlen, ist ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten. Gesellschaftsrechtlich und zivilrechtlich kann eine solche Handhabung ohne Beanstandung bleiben. Steuerlich bleibt die nachträgliche Änderung ohne Beachtung. Die nachträglich genehmigten Gehälter werden außerhalb der Bilanz dem Gewinn wieder hinzugerechnet.

Böse Sache.

Das kostet Haare.

Erst dem Steuerberater, dann dem Mandanten angesichts der Gebührenrechnung nach solch einem Unsinn.

Mit freundlichen Grüßen

Fred

aus Düsseldorf mit kurzen Haaren
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Registriert: Apr 2004
Beiträge: 7407
Ort: Erfurt
@Fred, danke, da war ich nicht drauf gekommen.
Jetzt bleibt mein Bart dran :-)
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Registriert: Jul 2008
Beiträge: 47
Hallo Harry,

ja, das mit dem Zobel, das konnte nun wirklich niemand wissen.

Viele Grüße aus Düsseldorf von

Fred

Möge Dir alles das gelingen, was Du Dir vornimmst.
Mitglied
Registriert: Apr 2006
Beiträge: 69
Nur eine kurze Ergänzung zu 1.:

Neben der kurzfristigen Überlassung von Pensionszimmern sind auch die Leistungen des Tierarztes nicht von der Umsatzsteuer befreit. Die Frage der Optionsmöglichkeit stellt sich insoweit also auch nicht.

Gruß
Gustav


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