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Haftung für Erfüllungsgehilfen?

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Registriert: Mar 2008
Beiträge: 21
Techniker T schickt seinen zuverlässigen Mitarbeiter M zu seinem Kunden K, um den Fernseher zu reparieren. M soll nur einfache Fehler beseitigen und ansonsten den Fernseher in die Werkstatt transportieren.

Als M den Fernseher bei K komplett zerlegt, um einen schwierigen Fehler zu beseitigen, wird dieser durch Kurzschluss zerstört. Auf den Schreck holt M sich ein Glas Wasser und wirft versehentlich eine Kaffekanne zu Boden, die ebenfalls zerstört wird.
Kann K von T vertraglich Schadensersatz verlangen? :?:
Mitglied
Registriert: Jul 2008
Beiträge: 47
Hallo Chriz,

da gehe ich von aus. Vereinbart war, den Fernseher zu reparieren, nicht ihn kaputt zu machen. Dazu gehört es als Nebenpflicht, sorgsam mit den vor Ort vorgefundenen Gegenständen umzugehen. Wenn der Mitarbeiter eine Kaffeekanne zerdeppert, dann muss der Schaden ersetzt werden.

Was anderes könnte gelten, wenn der Mitarbeiter einen fremden Dritten – also nicht den Auftraggeber – schädigt. Dann könnte sich der Dienstherr T darauf berufen, seinen geschulten Mitarbeiter (Geselle) sorgfältig ausgesucht zu haben. Es bleibt dann nur der Schadenersatzanspruch des Geschädigten gegen dem M übrig.

Merke: Sobald M fremde Dritte schädigt, kündigt M, damit sein Lohn nicht gepfändet wird.

Mit freundlichen Grüßen

Fred

aus Düsseldorf mit untergehender Sonne über den Wolken
Gast
Hallo,

also ich bin zwar ähnlicher Auffassung wie Fred, aber denke, dass das differenzierter betrachtet werden muss.
Die frage ist, ob vertraglich Schadenersatz verlangt werden kann.
Das trifft sicher zu hinsichtlich der Zerstörung des Fernsehers, denn die ist tatsächlich in Erfüllung der Aufgabe vorgefallen.
Das Glas Wasser gehörte eigentlich nicht zu der Aufgabe des M; somit denke ich, dass K gegen T Anspruch auf Ersatz des Schadens wegen des zerstörten Fernsehers hat.
Hinsichtlich der Kaffeekanne jedoch bin ich gar nicht sicher, ob das unter die Haftung des T als Dienstherrn des M fällt .... ich tendiere hier eher dazu, dass M für die Kaffeekanne privat haften muss.

Grüße, Wombat
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Registriert: Jul 2008
Beiträge: 47
Hallo Wombat,

ganz sicher bin ich mir nicht. Vorliegen haben wir einen Vertrag, der nicht in seiner Hauptpflicht gestört wurde, sondern in den nebenvertraglichen Pflichten. Früher wäre das eine sogenannte »Positive Forderungsverletzung« oder auch »Positiver Vertragsverletzung« gewesen. Seit dem 1.7.2002 haben wir den § 280 BGB, der diese alte durch Rechtsprechung entstandene Rechtslage nun ins Gesetz gepackt hat. Ich glaube, unter den § 280 BGB müsste der Fall einzusortieren sein.

Ich habe gerade mal im Internet gestöbert, aber was richtig Greifbares noch nicht gefunden. Da müssen mal die Profis in die Startlöcher steigen.

Viele Grüße

Fred

jetzt ohne Staubsaugergebrüll
Gast
Hi nochmal,

der Fall will doch gerade Erfüllungs- und Verrichtungsgehilfe differenzieren üben.
Ich gehe hier eben davon aus, dass M ein Verrichtungsgehilfe ist. T haftet somit für den zerstörten Fernseher, während hinsichtlich der Kaffeekanne die Exculpation greift.

Es wird ja nicht umsonst nach einem vertraglichen Anspruch gefragt :)

Dazu auch ein ähnlicher Fall, den ich im Netz gefunden habe:

http://www.allesgelingt.de/blog/verrichtungsgehilfe_831_erfuellungsgehilfe_278_bgb_unterschiede.html

Grüße und schönen restlichen Sonntag! Wombat
Mitglied
Registriert: Jul 2008
Beiträge: 47
Hallo Wombat,

in der Überschrift steht zwar »Verrichtungsgehilfe«, aber nach meinem Eindruck hat der gute M als Erfüllungsgehilfe gehandelt.

Ich hoffe, ich liege nicht völlig daneben. Morgen früh im Morgengrauen werde ich mir einen Kommentar zum BGB besorgen. Was ich hier habe, hat Staub angesetzt und stammt auf jeden Fall aus einer Zeit vor dem 1.7.2002. Ich traue mich gar nicht, da mal drauf zu gucken.

Einen wunderschönen Restsonntag wünscht

Fred

aus Düsseldorf – der gerade von Hund Flynn um den Block gezogen wurde
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Registriert: Mar 2008
Beiträge: 21
danke für die vielen anregungen - ich denke auch, dass es hier um erfüllungsgehilfe u nicht verrichtungsgehilfe geht, da wir die §§ 830 ff noch nicht behandelt haben. mein problem ist aber, wie sich mit der anweisung des T verhält. dem M wurde ausdrücklich gesagt, was er zu tun hat und was nicht - und er hat sich nicht daran gehalten. haftet der T trotzdem dafür?
Gast
Hallo,

also die bloße Angabe, dass das noch nicht behandelt wurde, reicht mir nun nicht für eine Begründung, dass es ein Erfüllungsgehilfe sein muss :)

Worauf fußt ihr eure Theorie denn? Ich bleibe erst mal bei meiner Auffassung, lasse mich aber sehr gerne eines besseren belehren ...

Mir fehlt hier die differenzierte Betrachtung ...

Grüße, Wombat
Mitglied
Registriert: Jul 2008
Beiträge: 47
Einen wunderschönen guten Abend Wombat und Chriz,

oh wie schön, alle haben Recht. Heute morgen habe ich mir also den BGB Studienkommentar von Dr. Jan Kropholler, Prof. an der Uni Hamburg besorgt – 11. Auflage von 2008. Und der schreibt auf Seite 158 zu § 278 unter der Ziffer 11:

Zitat Anfang

»Bei Erfüllung einer Verbindlichkeit des Schuldners und nicht nur »gelegentlich« der Erfüllungshandlung muss das Fehlverhalten des Gehilfen stattgefunden haben. Streitig ist, wie dieses Kriterium verstanden werden muss: Die einen (etwa Larenz SchR I § 20 VIII) fordern einen »inneren Zusammenhang« der Pflichtverletzung mit dem Schuldverhältnis; nur die Verletzung vertragsspezifischer Pflichten« (Pflichten, die ausschließlich aus Verträgen erwachsen, im Gegensatz zu allgemeinen Schutzpflichten) löse die Zurechnung nach Satz 1 aus. Die vordringende Gegenansicht (zB Medicus SchR I Rz 333; Looschelders AT Rz 546) verweist darauf, dass auch allgemeine Schutzpflichten vertragliche Pflichten sind, und bejaht infolgedessen eine Zurechnung immer dann, wenn die Erfüllung der Vertragspflichten dem Gehilfen seine Vertragsverletzung wesentlich erleichtert hat. Beispiel: (1) Der Malergeselle zerstört beim Hantieren mit einer Leiter eine Fensterscheibe. (2) M, der im Wohnzimmer tapeziert, stiehlt eine dort stehende Silberschale. Im Beispiel (1) handelt M unproblematisch bei Erfüllung einer Verbindlichkeit, im Beispiel (2) nur nach dem Kriterium der Minderansicht.«

Zitat Ende

Ich plädiere für die vordringende Gegenansicht. Demnach handelt M als Erfüllungsgehilfe des T. Und wenn das so ist, dann gilt § 280 Abs. 1 BGB ohne Einschränkung auch für die Kaffeekanne – und K kann Schadenersatz von T verlangen.

Wer Larenz SchR I § 20 VIII folgt, der kommt natürlich zu einem anderen Ergebnis. Da kommt dann nur der Anspruch des K gegenüber M aus unerlaubter Handlung in Frage.

Ich erkläre Larenz SchR I § 20 VIII hiermit zur Minderheitenmeinung, denn dann habe ich mit meinem ersten Beitrag Recht.

Viele Grüße

Fred

in Düsseldorf kurz nach dem Abendbrot. Den Kaffee muss ich mir selbst kochen, meine Frau macht Urlaub. Das geht natürlich nur, wenn die Kanne noch heile ist.


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