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HGB -> Wertobergrenze IMMER die AoHK ???????

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Hallo allerseits,

Momentan geistert folgender Sachverhalt in den Sportmedien:

http://www.sport1.de/de/sport/artikel_335379.html

AFAIK darf im HGB nix, aber auch gar nix oberhalb der Anschaffungs- oder Herstellkosten bewertet werden. Wieso darf dann Schalke das Parkstadion zu 15,6 Mio Euro und nicht zu 1 Euro ansetzen?
Gibt es evtl. eine Sondervorschrift im EStG, die durch die umgekehrte Maßgeblichkeit Austrahlwirkung auf die Handelsbilanz hat?

Bitte um konkrete Infos, danke im voraus!!!!

MfG
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Hi,

also ich habe einen Werbeblocker, aber dennoch ist es entnervend, das anzugucken... so ein Flackermist daneben, man kann sich ja gar nicht konzentrieren!

Zur Sache: Ich habe nie Ahnung vom Fußball gehabt, und vielleicht gibt es eine Abseitfalle auch bei den Buchhaltern. Deshalb mal nur allgemein: das Vorsichtsprinzip des §252 Abs. 1 Nr. 4 HGB fordert, daß VG eher niedrig und Schulden eher hoch bewertet werden (Imparität). §253 Abs. 1 Satz 1 HGB ordnet daher auch die AHK als Obergrenze an - das ist eigentlich ganz eindeutig.

Hier könnte die Sache aber etwas komplizierter sein: soweit ich den Artikel verstehe, wurde eine Immobilie für 1 Euro verkauft. Hier kann die Maßgeblichkeit zuschlagen. Nach §6 Abs. 1 Nr. 2 sind WG des AV, die nicht der Abnutzung unterliegen - Grundstücke! - mit den AHK "oder dem an deren Stelle tretenden Wert" zu bewerten. Das kann hier der Fall sein, denn der tatsächliche Wert beträgt ja offensichtlich nicht einen Euro. Ein Marktwertansatz kann also durchaus möglich sein - ob und wie es hier aber dazu gekommen ist, kann ich aus dem Artikel nicht erkennen, und weiß ich in meiner sportlichen Ignoranz auch nicht.

Weiterhin könnte hier das Bewertungsgesetz eine Rolle gespielt haben. Dieses kennt bekanntlich ziemlich komplexe Bewertungsvorschriften gerade für Immobilien, die sich nicht nach der handelsrechtlichen Obergrenze richten.

Die AHK sind also nur im HGB die absolute Obergrenze; durch die Verkoppelung des Handelsrechts mit dem Steuerrecht können aber auch andere Wertmaßstäbe, die im Grunde nichts als eine fair-value-Bewertung sind, in die Betrachtung einfließen.

Insbesondere die in dem Artikel erwähnten Vorwürfe der Bilanzfälschung und Insolvenzverschleppung lassen mich übrigens vermuten, daß hier noch mehr im Spiel ist: wer nämlich so eine Immobilie besitzt, kann diese beleihen. Er ist damit aber vermutlich gerade nicht zahlungsunfähig. Da es also zu diesem Vorwurf gekommen ist muß man vermuten, daß noch irgendwas anderes vorgefallen ist, was die Sportjournaille nicht schreibt bzw. nicht weiß.
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Naja - Sportjournalisten haben selten Ahnung von Betriebswirtschaft, Bilanzen und Controlling...
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Und ich kenne mindestens einen Betriebswirt, der absolut keine Ahnung von Sport hat...
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Zitat
Nach §6 Abs. 1 Nr. 2 sind WG des AV, die nicht der Abnutzung unterliegen - Grundstücke! - mit den AHK "oder dem an deren Stelle tretenden Wert" zu bewerten. Das kann hier der Fall sein, denn der tatsächliche Wert beträgt ja offensichtlich nicht einen Euro. Ein Marktwertansatz kann also durchaus möglich sein - ob und wie es hier aber dazu gekommen ist, kann ich aus dem Artikel nicht erkennen, und weiß ich in meiner sportlichen Ignoranz auch nicht.

auch nach § 6 EStG sind die Anschaffungskosten die Obergrenze. Es besteht nur die Möglichkeit die AHK abzgl. der fortgeführten AfA anzusetzen bzw. den Teilwert und wenn der Teilwert oberhalb der AHK liegt, so sind diese anzusetzen; ergibt sich bereits aus dem Grundsatz der Maßgeblichkeit. Hier wurde der Verkaufspreis von 1 EUR bewusst falsch ermittelt. In Höhe der Differenz zwischen tatsächlichem Wert und Kaufpreis sind zusätzlich AHK zu aktivieren. Es stellt sich jetzt vielmehr die Frage, warum die Stadt das Stadion für 1 EUR verkauft hat, da ein normaler Kaufmann dies sicherlich nicht für 1 EUR weggegeben hätte. Wenn ich etwas von meinem Kumpel kaufe verbilligt für 5 EUR, obwohl der Gegenstand tatsächlich 20 EUR wert ist, so ist die Differenz privat veranlasst und es würde wie folgt gebucht werden:
Gegenstand 20
an Geldkonto 5
an Privat 15

Es stellt sich hier also grob gesagt die Frage, ob das ganze Privat veranlasst ist. Wobei mein Beispiel natürlich hinkt, da es hier keine Privatsphäre geben wird aufgrund des KStG.

Zitat
Weiterhin könnte hier das Bewertungsgesetz eine Rolle gespielt haben. Dieses kennt bekanntlich ziemlich komplexe Bewertungsvorschriften gerade für Immobilien, die sich nicht nach der handelsrechtlichen Obergrenze richten.

in welchem Zusammenhang denn? Das Bewertungsgesetz ist für die Einheitswertfeststellung maßgebend und für die Ermittlung von Bedarfswerten für die Erbschaftsteuer.
Ich wüsste keinerlei Punkte in dem das EStG an das Bewertungsgesetz anknüpft. Allenfalls andersrum, wenn es um die Bewertung des Betriebsvermögens, nämlich § 109 BewG.

Zitat
Die AHK sind also nur im HGB die absolute Obergrenze; durch die Verkoppelung des Handelsrechts mit dem Steuerrecht können aber auch andere Wertmaßstäbe, die im Grunde nichts als eine fair-value-Bewertung sind, in die Betrachtung einfließen.

auch im Steuerrecht stellen die Anschaffungskosten die Obergrenze dar, das besagt ja alleine schon der Maßgeblichkeitsgrundsatz. Unter Umständen hat sich eher das Handelsrecht an das Steuerrecht zu richten aufgrund der umgekehrten Maßgeblichkeit.

Zitat
Da es also zu diesem Vorwurf gekommen ist muß man vermuten, daß noch irgendwas anderes vorgefallen ist, was die Sportjournaille nicht schreibt bzw. nicht weiß.

das denke ich auch.

Gruß
Sven


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