Die Betriebsprüfung

Blick und Hintern recht verkniffen,
Aktentasche abgegriffen,
Paragraphen im Gehirn,
Kummerfalten auf der Stirn,
Hose, Jacke, Haare grau,
nähert sich dem Firmenbau
mit entschlossen schnellem Schritt
der Steuerprüfer: Amtmann Schmidt.

Der Pförtner (grad beim Zeitunglesen)
zeigt ihm den Weg zum "Rechnungswesen":
"Im zweiten Stock in Zimmer dreißig
erwartet Sie schon Fräulein Fleißig!"
Sie bringt ihm Konten, Kassenbücher,
Bilanzen und Erfrischungstücher.

Er wühlt in Quittungen, Journalen,
dreht und wendet alle Zahlen,
fertigt meterlange Listen,
prüft Belege, ganze Kisten,
stellt dem Chef die schwersten Fragen
während 15 Prüfungstagen.
Allen scheint die Zeit recht lang,
auch dem Boss ist ziemlich bang.

Nach drei Wochen wird zuletzt
die Schlußbesprechung angesetzt.
Im großen Kreis hat man besprochen,
was die Firma so "verbrochen",
welche Posten falsch verbucht,
wo Verkürzungen versucht,
wieviel Zaster zu berappen,
hier ein Brocken, da ein Happen.
Heftig feilscht man um die Wette,
...."könnte"....."wäre"....., "dürfte"....."hätte"....;
schließlich dann, nach zähem Ringen
"Einigung in allen Dingen!"

Tags darauf schreibt - wie es Pflicht -
der Amtmann seinen Prüfbericht:

Säuberlich wird dort notiert,
was der Fiskus so moniert.
Kleine Fehler, Buchungsmängel,
leider ward ihr keine Engel,
da getrickst und dort gemauschelt,
dies verdreht und das vertauschelt,
zehn Bescheide nach AO
sind zu ändern sowieso.

Zahlen Sie - wie schon besprochen -
100.000 in vier Wochen.
Ob dieser Rechnung - guter Gott -
da geht die Firma nun bankrott,
muß die Arbeitnehmer feuern
und zahlt fortan nie mehr Steuern.

Die Moral von der Geschicht?
Fiskus, schröpf die Bürger nicht!
Ein kluger Hirte stets beachtet,
daß er sein Milchvieh nicht gleich schlachtet.