Anfang des Jahres trat ein durch den Bundestag beschlossenes Gesetzt in Kraft, welches Aufsichtsräte großer Unternehmen verpflichtet, nun mindestens 30% der Stellen mit Frauen zu besetzen.
Nachdem die Frauenquote für Aufsichtsräte jahrelang kontrovers diskutiert wurde, verabschiedete der Bundestag im März 2015 eine finale Gesetzgebung, welche nun am 01.01.2016 endgültig in Kraft getreten ist. Ziel ist es, die Führungsetagen von Unternehmen in Deutschland weiblicher zu machen und Frauen den betriebsinternen Aufstieg zu erleichtern.
Warum überhaupt eine Frauenquote?
Das Frauen in Führungspositionen in Deutschland deutlich unterrepräsentiert sind, ist eigentlich kein Geheimnis; wie schockierend gering der Anteil an weiblichen Führungskräften aber tatsächlich ist, ergab eine kürzlich veröffentlichte Studie der Wirtschaftsprüfergesellschaft Earnest & Young. Diese stellte fest, dass es in den 160 untersuchten DAX-notierten Unternehmen lediglich 40 weibliche Vorstände gibt; im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Zuwachs um grade einmal vier Personen. Insgesamt machen Frauen in Vorstandspositionen damit lediglich 5,9% aus.
Dabei gibt es allerdings branchenbedingt große Unterschiede: Am höchsten ist der Frauenanteil momentan im Transport- und Logistikwesen (14%), dicht gefolgt von der Telekommunikations- (11%) und der Finanzbranche (10%). Das Schlusslicht stellen hingegen der IT-Sektor (mit nur einer einzigen Frau) und der Energiebereich dar, in welchem sich aktuell keine einzige Frau in einer Vorstandsposition findet.
Dass die Situation in deutschen Aufsichtsräten ähnlich aussieht, macht eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) deutlich. Dieses nahm im vorletzten Jahr die 200 größten deutschen Unternehmen genauer unter die Lupe und kam zu dem Ergebnis, dass der Anteil von Frauen in Aufsichtsräten Ende 2014 lediglich bei 18,4% lag.
Quelle: tagesschau.de
Ob es diese Zahlen waren, welche den Bundestag schließlich einlenken ließen, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Sicher ist allerdings, dass die beschlossene Frauenquote von 30% für Aufsichtsräte seit Anfang dieses Jahres für rund 100 börsennotierte und mitbestimmungspflichtige Unternehmen verpflichtend ist. Weitere 3.500 Unternehmen müssen seit Januar außerdem verbindliche Ziele für die Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen setzen und an deren Verwirklichung arbeiten. Anders sieht es hingegen bei den Vorständen aus, welche lediglich freiwillige Ziele umsetzen und regelmäßig über den aktuellen Status Quo berichten müssen.
Gründe und Ursachen
Doch welche Umstände führen überhaupt dazu, dass es eine gesetzliche Quote braucht, um mehr Frauen den Sprung in die Führungsetage zu ermöglichen? Forscher vermuten, dass sich die Gründe für die weibliche Unterrepräsentanz vor allem in unternehmensinternen Strukturen finden lassen, die sich nach wie vor stark am traditionellen männlichen Lebensentwurf orientieren. So werden Kinder immer noch als Karrierehindernis betrachtet, und Frauen im gebärfähigen Alter werden bei der Besetzung von Führungspositionen nicht berücksichtigt, da im Falle einer Schwangerschaft mit längeren Ausfallzeiten zu rechnen ist.
Auch sind Charaktereigenschaften wie Empathie, soziale Kompetenz und Teamfähigkeit, die klassischerweise Frauen zugeschrieben werden, nicht unbedingt deckungsgleich mit denen, die man mit Menschen in Führungspositionen assoziiert. Hier fallen einem in der Regel eher Eigenschaften wie Durchsetzungsstärke, Selbstbewusstsein und das Talent, sich selbst gut zu verkaufen, ein – Merkmale, welche die meisten Menschen spontan eher mit einem Mann als mit einer Frau verbinden.
All diese Faktoren tragen dazu bei, dass sich Deutschland in puncto „Frauen in Spitzenpositionen“ im europaweiten Vergleich deswegen nur im unteren Mittelfeld befindet. Deutlich bessere Aufstiegschancen haben weibliche Angestellte hingegen in den skandinavischen Ländern, Island oder Frankreich.
Frauenquote –Gesellschaft im Wandel oder Augenwischerei?
Aber hält die Frauenquote auch, was sie verspricht? Schon vor ihrer konkreten Umsetzung gingen die Meinungen bezüglich ihrer Sinnhaftigkeit weit auseinander und führten zu einer teilweise aufgeheizten Debatte.
Auf der Pro-Seite lässt sich zum Beispiel anführen, dass die Frauen-Quote dazu beiträgt, dass weibliche Angestellte in Aufsichtsräten endlich eine „kritische Masse“ erreichen und dementsprechend die Chance erhalten, wirklichen Einfluss auszuüben. Das kommt nach gängigen Studien übrigens auch den Unternehmen zugute: Betriebe, in denen ein relativ ausgewogenes Verhältnis zwischen männlichen und weiblichen Führungskräften herrscht, sind offenbar sowohl in organisatorischer als auch finanzieller Hinsicht erfolgreicher als solche, die lediglich durch ein Geschlecht dominiert werden. Auch in Sachen Headhunting bringt die Frauenquote den umsetzenden Unternehmen Vorteile:
Betriebe, bei denen Frauen nachweislich die Möglichkeit haben, in Führungspositionen aufzusteigen, werden in Zukunft deutlich mehr hochqualifizierte Bewerberinnen anlocken als die Konkurrenz.
Kritiker bemängeln hingegen, dass die Frauenquote lediglich Augenwischerei ist und vor allem dazu dient, gesellschaftliche Probleme wie zum Beispiel den Mangel an frühkindlichen Betreuungsangeboten zu kaschieren. Auch sehen sie die Gefahr, dass Frauen, die durch die Quote in Führungspositionen gelangen, von ihren männlichen Kollegen schnell als „Quoten-Frauen“ abgestempelt werden und ihre berufliche Kompetenz generell in Frage gestellt wird. Ob die Frauenquote also tatsächlich das richtige Instrument ist, um für mehr Gleichheit und ökonomische Teilhabe zu sorgen, wird sich in Zukunft erst noch zeigen müssen.
Quelle:
tagesschau.de
FAZ.de
Handelsblatt.de