4 Monate Mindestlohn – Eine kurze Bilanz

Mindestlohn
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Nun ist es mittlerweile schon wieder 4 Monate her: die Einführung des flächendeckenden Mindestlohns von 8,50 Euro in Deutschland. Erinnern Sie sich noch an die Diskussionen, Befürchtungen der Wirtschaft und Hoffnungen von Arbeitnehmern? Nach nun 4 Monaten Praxiserfahrung wollen wir das Wichtigste zusammenfassen und eine kleine Bilanz ziehen.

Horrorszenarien bleiben aus

Schon Anfang April hat der Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) Joachim Möller festgestellt und verkündet: „Die ordnungspolitische Kernschmelze, die einige Ökonomen befürchtet haben, ist nicht eingetreten“. Somit sind Horrorszenarien ausgeblieben. Wir erinnern uns: 2014 hatte das ifo-Institut in einer Studie die Gefährdung von bis zu 900.000 Arbeitsplätzen direkt durch die Einführung des Mindestlohns vorausgesagt. Auch Heinrich Alt von der Bundesagentur für Arbeit sagt mit Blick zurück auf die heraufbeschworenen Schreckensszenarien: „Es war viel heiße Luft dabei. Natürlich verstehe ich die Einzelfallbefürchtungen, die es gab. Aber diese Befürchtungen haben sich Gott sei Dank nicht realisiert.“

Karriere Absolventenkongress

Auswirkungen bei Minijobs spürbar

Aber es gibt Auswirkungen, die auch Herr Möller vom IAB nicht verschweigt. So ist zwar bei den Vollzeitstellen kein Rückgang zu verzeichnen, bei den Minijobbern auf 400,- € Basis hingegen schon. Hier verzeichnete die Agentur für Arbeit im Januar schon einen Rückgang von knapp 2,4% und schreibt dazu im Arbeitsmarktbericht: „Der Rückgang dürfte mit der Einführung des Mindestlohns zusammenhängen.“ Die weitere Entwicklung im Bereich Minijobs bleibt sicherlich interessant zu beobachten.

Preissteigerungen und Ausnahmen für Amateurfußballer

„Das ist das größte Reformwerk seit Jahrzehnten in Deutschland. Und kein Wunder, dass es da am Anfang ruckelt“, so Arbeitsministerin Andrea Nahles. Und irgendwie hat sie damit ja auch Recht, so fair sollten auch die hartnäckigsten Kritiker sein. In einigen Branchen gab es Preissteigerungen, die auch offensichtlich mit der Einführung des Mindestlohns zusammenhängen – im Taxi, beim Bäcker oder in Gaststätten müssen wir nun teilweise etwas mehr bezahlen – aber massive Preiserhöhungen hat es nicht gegeben. Da wäre das Murren in der Bevölkerung doch erheblich größer gewesen. Seien wir ehrlich: am meisten Aufmerksamkeit hat da noch das Problem mit den Vertragsamateuren in Sportvereinen erzeugt. Und auch hier wurde schnell eine Lösung gefunden und eine Ausnahmeregelung getroffen.

Union beharrt auf weniger Dokumentationspflicht

Die größten Kritiker kommen derzeit noch aus den Reihen der CDU/CSU. So darf sich die Arbeitsministerin deutliche Kritik an der scharfen Dokumentationspflicht für Unternehmen anhören. Diese müssen in manchen Branchen penibel die Arbeitszeit ihrer Arbeitnehmer aufschreiben und dokumentieren – und zwar für alle Arbeitnehmer, die im Monat weniger als 2985 Euro brutto verdienen. Hier ist noch der Hauptkritikpunkt der Union am Mindestlohn zu finden, der auch nach dem Koalitionstreffen am 24. April nicht beseitigt werden konnte.

Weitere Nachbesserungen nötig

Daneben sollte die Arbeitsministerin aber auch nicht vergessen, weiter nachzubessern: viele Arbeitgeber umgehen den Mindestlohn immer noch geschickt. Die Gewerkschaften zeigen zahlreiche Fälle auf: Weihnachtsgeld wird verteilt aufs Jahr ausgezahlt und auf den Mindestlohn angerechnet, LKW-Fahrer werden ihre Standzeiten nicht voll bezahlt oder (ganz dreist) Kinomitarbeiter bekommen Popcorn, dafür aber weniger als die 8,50 Euro pro Stunde.

So können wir nach 4 Monaten vorerst festhalten: sicherlich läuft noch nicht alles glatt. Die Horrorszenarien sind aber ausgeblieben und auf Probleme wurde (teilweise) schnell und gut mit Ausnahmeregelungen reagiert. Damit aber der Mindestlohn ein wirklicher Erfolg wird, sollte die Arbeitsministerin weiterhin Kritik annehmen, Probleme erkennen und diese versuchen zu beseitigen. Am Ende des Jahres werden wir wieder einen Blick auf das Thema werfen. Wir sehen uns wieder….

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