Verbrauchsfolgebewertung: warum man LIFO unterlassen sollte

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Derzeit sind bekanntlich in §256 HGB noch im Rahmen der Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung alle Methoden der Verbrauchsfolgebewertung zulässig, aber durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) soll der Bereich der zulässigen Verfahren auf FIFO und LIFO eingeschränkt werden. In IAS 2.25 ist nur FIFO zulässig, aber in R 6.9 Abs. 1 EStR ist nur LIFO gestattet. Das ist nicht nur ein Rezept für Gammelfleisch, sondern zeugt auch von systemtypischer Inkompetenz des Gesetzgebers. Schauen wir mal, warum:

Ein Unternehmen verbraucht ein bestimmtes Zwischenfabrikat, das eingekauft, eingelagert und wieder entnommen wird. Derzeit wird nach Durchschnittsbewertung i.S.d. §240 Abs. 4 HGB bewertet. Um den Betriebsabrechnungsbogen monatlich führen zu können, werden monatliche Zwischeninventuren, Lagerbewertungen und Zwischenabschlüsse durchgeführt. Für den heute endenden Monat Februar 2009 sieht das Materialbestandskonto folgendermaßen aus:

Materialbestand – Artikelnummer: 08/15 – Februar 2009
Soll Anzahl Preis Wert       Haben Anzahl Preis Wert
 
02.01.2009 – Eröffnung 100 St 5,000 €/St 500 €       05.02.2009 – Entnahme 90 St 5,795 €/St 521,55 €
06.02.2009 – Lagerzugang 500 St 5,200 €/St 2.600 €       09.02.2009 – Entnahme 510 St 5,795 €/St 2.955,45 €
10.02.2009 – Lagerzugang 300 St 5,500 €/St 1.650 €       11.02.2009 – Entnahme 200 St 5,795 €/St 1.159,00 €
12.02.2009 – Lagerzugang 500 St 5,800 €/St 2.900 €       16.02.2009 – Entnahme 600 St 5,795 €/St 3.477,00 €
17.02.2009 – Lagerzugang 200 St 6,200 €/St 1.240 €       18.02.2009 – Entnahme 160 St 5,795 €/St 927,20 €
20.02.2009 – Lagerzugang 100 St 6,300 €/St 630 €       23.02.2009 – Entnahme 50 St 5,795 €/St 289,75 €
27.02.2009 – Lagerzugang 300 St 6,900 €/St 2.070 €       27.02.2009 – Schlußbestand 390 St 5,795 €/St 2.260,05 €
             
  11.590,00 €         11.590,00 €

Zunächst kann für diesen Fall verständnishalber erläutert werden, wie der Durchschnittsbestand zustandekommt, der in der Kontierung vorausgesetzt wird. Der Durchschnittswert ist der gewogene Mittelwert. Der Rechenweg ist also hier:

 

Gewogener Durchschnitt im vorstehenden Beispiel

Dies dient aber zunächst nur dem Verständnis des Zahlenwerkes. Das Problem liegt hier ganz woanders. Der Unternehmer möchte nämlich auf LIFO-Bewertung umstellen. Wir unterstellen im Beispiel, daß dieser Methodenwechsel als solcher zulässig sei. Die Frage ist aber, ob das auch sinnvoll ist.

Oberflächlich betrachtet wäre es sinnvoll, denn jetzt kann eine §256 HGB und § 6.9 Abs. 1 EStR gleichermaßen genügende Einheitsbilanz aufgestellt werden. Der Teufel liegt hier aber im Detail, wie so oft. Um wirklich zu beurteilen, ob LIFO hier sinnvoll ist, muß man die Zahlen einzeln durchgehen. Das ist einfacher und geht schneller, als es auf den ersten Blick den Anschein haben mag.

So lagen am 2. Februar 100 Stück im Lager. Am 5. Februar wurden 90 Exemplare entnommen, so daß nur noch 10 Stück im Lager zurückblieben. Am 6. Februar kamen zwar 500 Stück hinzu (2. Zeile des Kontos), aber am 9. Februar wurden 510 Stück entnommen. Da war das Lager völlig leer.

Wir vergegenwärtigen uns jetzt, daß LIFO ja Last In First Out bedeutet, was zuletzt ins Lager hineingeht, das kommt zuerst wieder heraus. Umgekehrt bedeutet dies aber, das was am Anfang schon im Lager lag, am Schluß noch bewertet wird. Am Monatsschluß am 27. Februar sind aber noch 390 Stück vorhanden. Diese müßten sich also aus dem Anfangsbestand i.H.v. 100 Stück und einem Teil von 290 Stück des ersten Zuganges im Umfang von insgesamt 500 Stück zusammensnetzen. Das aber kann offensichtlich nicht zutreffend sein, weil das Lager ja nach dem Datum des 1. Zuganges mindestens ein Mal völlig leer war. Tatsächlich ist also kein einziges Exemplar aus dem Anfangsbestand oder aus dem 1. Zugang vom 9. Februar am 27. Februar noch vorhanden.

Die LIFO-Methode kann also keinesfalls richtige Ergebnisse erbringen, auch dann nicht, wenn formal richtig gerechnet wird.

Das läßt sich verallgemeinern, denn Unternehmen sind bemüht, stets geringe Lagerbestände zu führen, um die Kapitalbindung zu minimieren. Daß das Lager zwischenzeitlich völlig entleert wird, ist also nicht selten, wenn Anlieferung und Nachfrage in irgendeiner Weise planbar sind. In allen diesen Fällen verstößt LIFO dann gegen die Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung. Das hat der internationale Regelungsgeber schon vor Jahren erkannt, und LIFO aus IAS 2 gestrichen. Ob der deutsche Handelsgesetzgeber dieselbe Weisheit besitzt, bleibt abzuwarten. Der Steuergesetzgeber hat das hier jedenfalls nicht eingesehen.

Links zum Thema: Verbrauchsfolgebewertung: denn sie wissen nicht, was sie tun | FIFO, LIFO und die Spitze des Fleischberges | Verbrauchsfolgebewertung: So geht FIFO ganz leicht | FIFO, LIFO und die SGD: veraltete Aufgaben, falsche Lösungen | Lagerwesen: FIFO, LIFO und die Lagerdauer | Verbrauchsfolgerechnung für Excel | Grundlagen der Buchführung | Konzepte der Disposition | Formelsammlung der BWL | Skript zu IAS/IFRS (interne Links)

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