Am Anfang einer jeden betriebswirtschaftlichen Ausbildung stehen die vielen Grundkonzepte und Definitionen, denn alles weitere baut darauf auf. Die Vielzahl undurchdachter Praktikerlösungen beweist, daß mancher es damit nicht sehr ernst nimmt – und dann auch mit den besten Ausgangsdaten nichts anfangen kann. Die Grundstruktur der Bilanz gehört hierbei zu den wichtigsten Basiskonzepten.
So muß zunächst klar sein, daß die Aktivseite die Mittelverwendung repräsentiert und die Passivseite die Mittelherkunft. Über jeden Geldbetrag wird also doppelt Rechenschaft abgelegt. Man spricht daher von der doppelten Buchführung („Doppik“):
Grundschema der Bilanz | ||
Aktiva | Passiva | |
Mittelverwendung | Mittelherkunft | |
Vermögen (Wirtschaftsgüter) | Kapital | |
Investition | Finanzierung |
Ferner muß man sich vergegenwärtigen, daß die Vermögensseite der Bilanz nach Nutzungsabsicht in Anlage- und in Umlaufvermögen geteilt wird. Grenze zwischen beidem ist i.d.R. ein Jahr (§247 Abs. 2 HGB). Das bedeutet, daß kein Gegenstand an sich schon einer Kategorie zuzuordnen ist: Autos, die beim Händler auf dem Hof stehen, sind Umlaufvermögen, weil sie verkauft werden sollen. Dienstfahrzeuge für die Mitarbeiter hingegen sind Anlagevermögen, weil sie über ein Jahr benutzt werden sollen.
Das Eigenkapital hingegen repräsentiert die Eigentümerrechte, während das Fremdkapital die Schulden („Verbindlichkeiten“) bei Kreditgebern darstellt:
Grundlegende Gliederung der Bilanz | ||
Aktiva | Passiva | |
Anlagevermögen | Eigenkapital | |
Umlaufvermögen | Fremdkapital |
Es ist wichtig, sich dies an Beispielen zu verdeutlichen. Tun wir das mal: ein Existenzgründer möchte ein Unternehmen eröffnen. Er hat zunächst einen baren Geldbetrag, der in die Kasse eingelegt wird. Sobald der Gründungsakt vollzogen wurde, ist über dieses Geld doppelt bilanziell Rechenschaft gelegt: es gehört dem Gründer (Eigenkapital, Passivseite) und es liegt bar in der Kasse (auch das ist eine Mittelverwendung, also ein Aktivposten). Und so sieht das aus:
Gründungsbilanz | ||||||
Aktiva | Passiva | |||||
Kasse | 1.000 EUR | Eigenkapital | 1.000 EUR | |||
1.000 EUR | 1.000 EUR |
Das bare Geld alleine genügt aber noch nicht. Der Gründer besorgt sich ein Darlehen von der Bank. Für das Beispiel gehen wir mal davon aus, daß er das auch kriegt (was in der gegenwärtigen Krise ja keine Selbstverständlichkeit ist). Das Darlehen wird als Fremdkapital ausgewiesen (Mittelherkunft = Verbindlichkeit), aber in bar ausgezahlt. Es mehrt also auch die Kasse:
Bilanz nach Fremdkapitalaufnahme | ||||||
Aktiva | Passiva | |||||
Kasse | 3.000 EUR | Eigenkapital | 1.000 EUR | |||
Fremdkapital | 2.000 EUR | |||||
3.000 EUR | 3.000 EUR |
Der Vorgang mehrt die Aktiv- und die Passivseite gleichermaßen. Er ist also eine Bilanzmehrung oder Bilanzverlängerung, denn die Bilanzsumme steigt hierdurch an.
Aber auch dies ist noch kein funktionierendes Unternehmen. Der Gründer muß jetzt mit dem Geld was Sinnvolles anstellen. Es in der Kasse liegen zu lassen, ist natürlich nicht sinnvoll. Stattdessen kauft er Gegenstände wie Maschinen, Fahrzeuge und Ausstattungsobjekte, die langfristig betrieblich genutzt werden sollen. Sie bilden das Anlagevermögen. Hinzu kommen Rohstoffe, Hilfsstoffe, Betriebsstoffe, Waren und andere Gegenstände, die den Betrieb bald wieder in Richtung Kunde verlassen sollen. Sie stellen das Umlaufvermögen dar:
Bilanz bei Betriebsbeginn | ||||||
Aktiva | Passiva | |||||
Anlagevermögen | 1.500 EUR | Eigenkapital | 1.000 EUR | |||
Vorräte | 1.000 EUR | Fremdkapital | 2.000 EUR | |||
Kasse | 500 EUR | |||||
3.000 EUR | 3.000 EUR |
Da dieser Vorgang „nur“ die Aufteilung der Vermögensgegenstände, nicht aber die Bilanzsumme ändert, heißt er Aktivtausch.
Für jeden einzelnen dieser (und vieler weiterer) Arten von Geschäftsfällen gibt es Methoden der bilanziellen Darstellung. Diese stellen das Fundament des Rechnungswesens dar. Wer sich damit nicht ausgiebig und vertieft befaßt, wird noch nach Jahren Schwierigkeiten haben, Konzepte im Rechnungswesen zu verstehen.
Auf meinen Seiten gibt es jedoch eine Menge weiterführender Materialien. Eine gute Einführung in diese Grundlagen ist hier zu finden. Die Übersichten am Schluß sind als Lernhilfe gedacht, und sollten möglichst immer in Lehrveranstaltungen mitgenommen werden. Viele weitere Artikel findet der Leser hier auf BWL24.net oder im BWL-Boten.
Quelle: Dieser Beitrag wurde freundlicherweise vom Dozenten und Unternehmensberater Harry Zingel zur Verfügung gestellt. Danke dafür und weiter so.
Mehr von Harry Zingel?
Hier können Sie seine BWL CD bestellen. Als Bonus sind darauf alle seine Bücher als E-Book enthalten. Außerdem sein Controllinglexikon mit mehr als 4.000 Stichwörtern auf mehr als 1.900 Seiten. Darüber hinaus hunderte von Skripten zur BWL, Übungsuafgaben, Fallstudien, Datenbänke, Exeltabellen und Klausuren.
Es lohnt sich also. >> BWL CD bestellen
Витамины