Rente mit 70, oder wer den Kopf noch tiefer in den Sand steckt…

Share

Unions-Fraktionsvize hat den Vorstoß für ein Renteneintrittsalter mit 70 entschieden zurückgewiesen und eine baldige Entscheidung in dieser Frage abgelehnt. Offensichtlich will auch die CDU und erstrecht die christsozialistische Union den Kopf noch ein wenig länger in den Sand stecken, was natürlich auch Wahlkampfgründe hat. Und die gegenwärtige Debatte dreht sich noch immer um Korrekturen an einem im Prinzip bankrotten System: über einen grundsätzlichen Systemwechsel wagt noch keiner öffentlich nachzudenken. Dabei wäre genau das der einzige Weg, die Situation noch zu retten.

Nirgendwo wird deutlicher, daß wir die Erde nicht von unseren Eltern geerbt sondern von unseren Kindern geliehen haben, denn die Beiträge unserer Kinder sollen das Alter der jetzt noch (teilweise) arbeitenden Generation finanzieren, und wir wissen alle, daß das nicht mehr funktioniert seit die Pille den Generationenvertrag fristlos gekündigt hat. Zudem hat die Zwangsrentenversicherung Konstruktionselemente, die bei Finanzdienstleistern eine Anklage wegen Anlagebetruges rechtfertigten, denn sie zahlt die Rente für die Alten direkt aus den Einzahlungen der Arbeitnehmer aus, anstatt aus den Kapitalerträgen. Sowas nennt man einen illegalen Kettenbrief. Nur die Zwangsrentenversicherung darf das, sonst keiner.

Und als wäre das abgesprochen wurde gestern im Bundesgesetzblatt die Neuregelung des Zahlungszeitpunktes der Zwangsabgaben auf den drittletzten Bankarbeitstag (anstatt den 10./15. des Folgemonats) in der Zeit ab 2006 veröffentlicht (wir berichteten). So verschafft sich ein kurzatmiges System im kommenden Jahr 13 statt 12 Einzahlungen und damit noch ein wenig Luft – auch um den Preis eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Periodenabgrenzung, der bei der Bilanzkontrolle mit Sicherheit zu einer Rüge führen würde. Müssen aber bald die Zwangsabgaben ein Vierteljahr im voraus gezahlt werden, oder wie soll das bankrotte System noch gerettet werden?

Eine Möglichkeit ist natürlich der Versuch, immer weitere Berufe und Bevölkerungsschichten in das Zwangssystem zu pressen. Dabei hat die BfA schon erheblichen Erfindungsreichtum bewiesen, und bestraft wie immer die Fleißigen und Erfolgreichen, was natürlich für den Sozialismus typisch ist. Selbst die Konfiskation von Einmalauszahlungen aus Direktversicherungen hat der steuer- und abgabengeduldige Michel mit scheinbarer Ruhe über sich ergehen lassen. Angesichts von Kontenspionage und anderen Überwachungs- und Gängelungsinstrumenten des Schnüffelstaates wird zugleich aber die Vorsorge immer unattraktiver: so schafft der sogenannte Sozialstaat erst die Altersarmut, die zu bekämpfen er angeblich angetreten ist.

So läßt das Sommerloch tiefer blicken als es der Politik lieb sein kann, denn es zeigt schlaglichtartig deren Arroganz und Verlogenheit: So wäre eine Rente mit 70 schon praktisch kaum machbar, weil die Wirtschaft angesichts des gegenwärtigen Überangebots an Arbeitskräften ja schon Leute ab 50 systematisch rauswirft, und die Politik weiß das. Die Anzahl der Langzeitarbeitslosen würde also weiter steigen, die Leute würden Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe erhalten, weniger Ansprüche erwerben und nachher auch weniger Rente kriegen: "Rente mit 70" ist also in Wirklichkeit "Rente auf Sozialhilfeniveau", also kein Vorschlag zur Anhebung des Rentenalters, sondern zur gezielten und bewußt gewollten Verarmung ganzer Bevölkerungsschichten. Der Sozialstaat treibt ein Volk in die Altersarmut – so gerecht ist das Sozialregime!

Man hätte schon vor Jahrzehnten aus dem Zwangssystem aussteigen müssen. 1989/90 wäre eine gute Gelegenheit dazu, die wie so viele andere auch erfolgreich verpaßt wurde. Jetzt da das Kind schon ziemlich tief in den Brunnen gefallen ist, könnte es nur durch ein massives Beschäftigungsprogramm da wieder rausgeholt werden. Stattdessen leistet die Regierung aber in Gestalt des Emissionshandels massive Exportsubventionen für Arbeitsplätze, und auch die Opposition, die alles besser machen will, hat angekündigt, die Energiekosten nicht senken zu wollen. Und das Stabilitätsgesetz, das für solche Krisen wie die Gegenwärtige für den Bund und die Länder verbindliche Handlungsanweisungen vorschreibt, wird erfolgreich ignoriert. Wir beobachten eine widerrechtliche Wirtschaftspolitik, aber angesichts der kriminellen Vergangenheit mancher Minister stört das keinen mehr.

Das aber bringt uns zu einer vernichtenden Analyse, denn Ausstieg aus den Zwangsversicherungen, Ausstieg aus Kyoto, drastische Reduktion von Öko- und anderen Steuern und eine Rückkehr zu einer antizyklischen Konjunktursteuerung wären eigentlich das Gebot der Stunde. Daß das die politische Kaste nicht weiß, kann ich mir vorstellen, aber die haben Berater, die es ihnen gesagt haben müssen. Daß also eine solch offensichtliche Politik zur Rettung des Standortes nicht betrieben wird zeigt, daß man das zwar kann, aber nicht will. Das freilich läßt wirklich tief blicken.

Wer den Kopf noch tiefer in den Sand steckt, der knirscht nachher noch mehr mit den Zähnen. Das wußte schon Bismarck, dem wir den ganzen Schlamassel mit der Zwangsversicherung zu verdanken haben, und auch Adenauer wird es gewußt haben. Diese beiden hat es aber ebensowenig interessiert wie die, die heute herrschen, denn alle hoffen, daß der Zusammenbruch nach ihrer Zeit kommt. Nur Rot-Grün scheint da nicht mehr ganz dran zu glauben, denn die haben letztes Jahr Notstandsgesetze beschlossen. Ganz sicher kein Zufall!

Links zum Thema: Vorgezogene Zahlung der Zwangssozialversicherung ab 2006 | Der konspirative Dozent: Wie die BfA Existenzen vernichtet | Zwangssozialbeiträge auf Direktversicherungen: Massive Kürzung durch die Hintertür | Neue Kontrollmöglichkeiten des Schnüffelstaates | Exportprämie für Arbeitsplätze beschlossen | Kein politischer Klimawandel: Die Öko-Profiteure von der CDU | Hans Eichel und das Stabilitätsgesetz | Wirtschaftssicherstellungsverordnung: Rot-Grün bereitet die Kommandowirtschaft vor (interne Links) Gesetzesveröffentlichung im BGBl (externer Link)

Das könnte dich auch interessieren …