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gelockerte Bilanzierungsregeln

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Hallo zusammen,

die Deutsche Bank schreibt schwarze Zahlen wegen gelockerten Bilanzierungsregeln, wer kann mir erklären wie das funktioniert oder was dies genau bedeutet.

Bitte keine Antwort wie das ist Bestandteil des Hilfpacktes des Bundes.


Gruß
Fritz
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Ort: Erfurt
Nein, ist es nicht. Es ist Teil der Regelungen in IAS 39 und IFRS 7. Du mußt, um das im einzelnen zu verstehen, den Ausweis der Finanzinstrumente i.S.d. IAS 39 kennen, und wissen, unter welchen Bedingungen sie umgruppoert werden dürfen. Finanzinstrumente sind für produzierende Betriebe meist nachrangig odern icht vorhanden, machen aber einen wesentlichen Teil der Bankbilanzen aus. IAS 39.50 wurde nunmehr folgendermaßen verändert (und sogleich von der EU endorsed):

Zitat
Ein Unternehmen
(a) darf ein Derivat nicht aus der Kategorie der erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert zu bewertenden Finanzinstrumente umgliedern, solange dieses gehalten wird oder begeben ist,
(b) darf kein Finanzinstrument aus der Kategorie der erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert zu bewertenden Finanzinstrumente umgliedern, wenn es vom Unternehmen beim erstmaligen Ansatz dazu bestimmt wurde, erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert bewertet zu werden, und
(c) darf einen finanziellen Vermögenswert, der nicht mehr in der Absicht gehalten wird, ihn kurzfristig zu veräußern oder zurückzukaufen (auch wenn er möglicherweise zu diesem Zweck erworben oder eingegangen wurde), aus der Kategorie der erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert zu bewertenden Finanzinstrumente umgliedern, wenn die in den Paragraphen 50B oder 50D genannten Bedingungen erfüllt sind.
Nach erstmaligem Ansatz darf ein Finanzinstrument nicht in die Kategorie der erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert zu bewertenden Finanzinstrumente umgegliedert werden.


Bisher durfte nach IAS 39.50 a.F. ein financial instrument während es gehalten wird gar nicht umklassifiziert werden.

Ferner wurden mehrere neue Regelungen eingeführt, darunter:

Zitat
50B Ein unter Paragraph 50 Buchstabe c fallender finanzieller Vermögenswert darf nur unter außergewöhnlichen Umständen aus der Kategorie der erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert zu bewertenden Finanzinstrumente umgegliedert werden (davon ausgenommen sind die in Paragraph 50D beschriebenen finanziellen Vermögenswerte).

50C Gliedert ein Unternehmen einen finanziellen Vermögenswert gemäß Paragraph 50B aus der Kategorie der erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert zu bewertenden Finanzinstrumente um, hat es dabei den beizulegenden Zeitwert dieses Vermögenswertes zum Zeitpunkt der Umgliederung zugrunde zu legen. Gewinne oder Verluste, die bereits erfolgswirksam erfasst wurden, dürfen nicht rückgebucht werden. Als neue bzw. fortgeführte Anschaffungskosten wird der beizulegende Zeitwert des finanziellen Vermögenswertes zum Zeitpunkt der Umgliederung ausgewiesen.

[...]


Etwas verklausuliert sagt uns das, daß Finanzinstrumente, unter bestimmten außergewöhnlichen Bedingungen, nicht mehr zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten sind. Der in diesen Finanzwerten enthaltene Verlust ist damit nicht mehr bilanzwirksam. Er wird gleichsam versteckt (und erscheind als Forderung). Damit entsteht abrakadabra ein Gewinn.

Das also ist sie, die Bilanzmagie!
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Puh,

ich weis gar nicht was ich sagen soll, erst einmal Danke für die Antwort.

Mir persönlich gefällt das erst einmal überhaupt nicht und für mich hat das den Beigeschmack der gesetzlich legitimierten Bilanz Manipulation.

Ein etwas unglücklich reinblickender :cry: BWLér
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Diesen Eindruck hast nicht nur Du alleine. Hier wird eigentlich manipuliert, d.h. gestattet, daß eine Wertminderung ungebucht bleibt – und die EU war auffällig flink, das zuzulassen. Die IAS/IFRS-Standards müssen durch die EFRAG ja jeweils für Europa in Kraft gesetzt werden: das dauert bisweilen ewig lange, hier ging es aber geradezu blitzartig in wenigen Tagen. Ja, sehr auffällig. So gesehen natürlich auch ein Banken-Rettungspaket, aber ein sehr fragwürdiges...

Bedenke, daß ich in http://www.bwl-bote.de/20081027.htm die Sache mit der InsO dargestellt habe: der (bilanzielle) Wertverfall von FInanzinstrumenten wird dadurch vermindert oder gestoppt, nicht aber deren realer Wertverlust. Das tut nicht weh, wenn die jeweiligen Instrumente später wieder von den Toten auferstehen. Dann stellt sich der alte Wert wieder ein, und die Sache ist gleichsam ungeschehen. Das ist die Hoffnung, die hinter dem neuen IAS 39.50 steckt. Ist das jeweilige Finanzinstrument aber erfolgreich und endgültig verstorben, dann hat man auf diese Art den großen Katzenjammer nur ein paar Perioden verschoben, also eine blanzielle Anleihe bei der zukunft aufgenommen.
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Das mit dem InsO habe ich gar nicht gewusst, daraus ergibt sich ja für mich die Frage in wie weit diese Änderung dann Einfluss auf das HGB nehmen wird. Ausserdem müssen dann ja zwangsläufig auch die Risiken anders Bewertet werden, was sich wiederum auf die Kreditwürdigkeit von Unternehmen auswirkt.
Desweiteren ist dadurch letztendlich jeder Spekulation größter Spielraum eingerichtet worden, besonders wenn mann bedenkt das nun die Wertminderungen dann ja willkürlich geltend gemacht werden können.

Oh oh, ich hoffe ich liege da voll daneben.
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Im wesentlichen soll verhindert werden, daß eine Bank nur durch eine Unterbilanz pleite geht, weil dies einen Dominoeffekt auslösen würde. Wenn die Bank eine Bürgschaft erhält, so ist dies eine Eventualforderung. Diese darf nicht bilanziert werden (IAS 37). Also würde nach formaler Bewertung noch immer eine Unterbilanz bestehen. Durch die Staatsgarantie aus dem FMStG ist aber die Fortsetzung der Geschäftstätigkeit sehr wahrscheinlich. Der Insolvenzverwalter soll daher nicht mehr bewerten (müssen). Das ist der Kerngedanke der Änderung in der InsO.


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