BilMoG: Die Neufassung des Niederstwertgrundsatzes

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Durch die Bilanzrechtsmodernisierung wurde auch der Niederstwertgrundsatz neu gefaßt. Das bisher fundamentale Prinzip der kaufmännischen Vorsicht nach §252 Abs. 1 Nr. 4 HGB ist zugunsten des Informationsnutzens des Jahresabschlusses in den Hintergrund getreten. Das hat eine Neuregelung der Vorschriften über planmäßige und außerplanmäßige Abschreibungen notwendig gemacht, die oft als schwierig empfunden wird. Dabei ist es ganz einfach, wenn man das Grundprinzip erstmal begriffen hat:

Regelungsort ist §253 HGB, der nunmehr "Zugangs- und Folgebewertung" heißt. Absatz 3 der Vorschrift regelt die Bewertung des Anlagevermögens, und Absatz 4 die des Umlaufvermögens. Generell sind bei Wertminderungen außerplanmäßige Abschreibungen zwingend vorzunehmen. Nur beim Anlagevermögen ist hierfür aber wie in §6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG Voraussetzung, daß diese Wertminderungen auch dauerhaft sind. Beim Umlaufvermögen ist eine außerplanmäßige Abschreibung (eine Teilwertabschreibung) auch bei vorübergehender Wertminderung zwingend zu erfassen, was den steuerlichen Vorschriften noch immer widerspricht. Nach §253 Abs. 5 HGB ist nunmehr jedoch stets eine Zuschreibung zu buchen, wenn der Grund für eine außerplanmäßige Abschreibung entfällt. Wertobergrenze ist hierbei stets der Wert der Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§253 Abs. 1 Satz 1 HGB), was einen Mittelweg zwischen dem bisherigen strengen Niederstwertmodell und der Bewertung nach IAS/IFRS darstellt.

Eine kleine Skizze kann diese nur scheinbar komplizierten Regelungen veranschaulichen. Ein Unternehmen erwerbe einen Umlaufvermögensgegenstand, für den ein Börsen- oder Marktpreis besteht, zum Kaufpreis von 10.646,15 Euro. In der Folgezeit verfällt dieser Wert zunächst auf 7.286,27 Euro, und steigt danach auf maximal 14.164,53 Euro an. Wie ist zu bewerten?

Zugangs- und Folgebewertung

Der Wertverfall ist hierbei zunächst zwingend als außerplanmäßige Abschreibung zu erfassen. Das widerspricht dem Steuerrecht, wo der Wertverfall unbeachtlich wäre, weil ein Börsen- oder Marktpreisrückgang stets vorübergehend ist, so daß eine steuerliche Teilwertabschreibung unzulässig wäre (§6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG). Das handelsrechtliche Gebot einer außerplanmäßigen Abschreibung auch bei vorübergehender Wertminderung wurzelt nach wie vor in der kaufmännischen Vorsicht (§252 Abs. 1 Nr. 4 HGB).

Steigt der Wert, so ist stets zwingend zuzuschreiben (§253 Abs. 5 HGB). Die gebuchte Wertminderung darf nicht beibehalten werden. Das vermittelt ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild.

Wertobergrenze ist hierbei aber der Kaufpreis von 10.646,15 Euro. Steigt der Börsen- oder Marktpreis über diesen Wert, so bilden die Anschaffungskosten eine Obergrenze der Zuschreibung. Ist am Ende des Betrachtungszeitraumes der Börsen- oder Marktpreis auf14.164,53 Euro angestiegen, so entsteht eine stille Reserve i.H.v. 14.164,53 – 10.646,15 = 3.518,38 Euro. Diese würde erst beim Verkauf des Umlaufvermögensobjektes zu diesem (höheren) Marktwert aufgedeckt werden.

Das ist aber genau ein Kompromiß zwischen dem bisherigen strengen Niederstwertprinzip und der reinen fair value Bewertung zum beizulegenden Zeitwert nach IAS/IFRS, wo eine Zuschreibung auch über den Anschaffungskostenwert hinaus auf jeden beliebigen (höheren) Börsen- oder Marktwert verpflichtend wäre.

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Links zum ThemaBilanzrechtsmodernisierung: Gesamtübersicht über die Reformen | Verbrauchsfolgebewertung: So geht FIFO ganz leicht (interne Links)

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