Totgesagte leben länger: die degressive AfA entsteigt der Versenkung

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Die Abschreibungsvorschriften der §§ 7 ff EStG sind immer wieder Gegenstand politischer Flickschusterei. In Zeiten wirschaftlichen Aufschwunges werden sie verschärft und in Krisenzeiten gelockert. Jetzt ist es wieder so weit: durch das "Gesetz zur Umsetzung steuerrechtlicher Regelungen des Maßnahmepakets Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung", so der umständliche Name des Notmaßnahmepaketes der Bundesregierung, entsteigt ab 2009 die erst zum Anfang 2008 abgeschaffte degressive Abschreibung wieder der Versenkung. Ein befristetes Nachleben für zwei weitere Jahre:

Maximal zulässige degressive Abschreibung
Jahr der Anschaffung Relativregel
(§7 Abs. 2 Satz 2 Teilsatz 2 EStG)
Absolutregel
(§7 Abs. 2 Satz 2 Teilsatz 3 EStG)
bis 2000 3 x lineare AfA maximal 30%
2001 bis 2005 2 x lineare AfA maximal 20%
2006 und 2007 3 x lineare AfA maximal 30%
2008 Keine degressive Abschreibung zulässig (Unternehmensteuerreform)
2009 und 2010 2,5 x lineare AfA maximal 25%
ab 2011 Keine degressive Abschreibung zulässig

Ein Beispiel: ein Unternehmer erwirbt einen Anlagegenstand im Wert von 50.000 Euro. Die steuerliche Nutzungsdauer dieses Objektes betrage 15 Jahre gemäß AfA-Tabelle. Die lineare Abschreibung beträgt also 6,667% pro Jahr. Wurde das Objekt im Jahre 2000 angeschafft, so darf das Dreifache davon oder 20% pro Jahr auf den jeweiligen Restwert abgeschrieben werden. War die Anschaffung in den Jahren 2001 bis 2005, so beträgt die maximale degressive AfA nur das Doppelte der linearen AfA oder 13,33%. Bei einer Anschaffung in 2006 oder in 2007 durften wiederum das Dreifache oder 20% abgeschrieben werden. Wird indes der Gegenstand in den Jahren 2009 oder 2010 angeschafft, so beträgt die degressive AfA das 2,5-fache der maximalen linearen AfA oder 16,67% pro Jahr auf den Restwert.Linear wären also nur 3.333,33 Euro/Jahr abzuschreiben; degressiv ergeben sich je nach Jahr der Anschaffung Werte bis zu 10.000 Euro pro Jahr. Bei einem Steuersatz i.H.v. 42% (maximale Einkommensteuer) macht das eine Steuerwirkung von 1.400 Euro (lineare AfA) bis maximal 4.200 Euro (höchste degressive AfA bis 2000 sowie in 2006 und 2007).

Eine höhere degressive Abschreibung bedeutet jeweils eine Steuerersparnis, weil sie den Gewinn mindert. Dies ist der Grund, weshalb die Abschreibungsvorschriften Spielball der jeweiligen politischen Wetterlage sind.

Die Abschreibungsvorschriften des Anschaffungsjahres werden "mitgenommen". Ein Gegenstand, der 20 Jahre Nutzungsdauer hat und im Jahre 2001 angeschafft wurde, wird noch bis 2020 nach den Regelungen von 2001 weiter abgeschrieben. Es ist daher bedeutsam, die alten Regelungen jeweils noch zu kennen, weil sie fortgelten.

Die degressive AfA nach dieser Vorschrift ist nur für bewegliche Wirtschaftsgüter zulässig. Bei Immobilien gibt es eigene Vorschriften (dort wurde die degressive AfA schon 2006 abgeschafft, und wurde nicht wieder eingeführt). Wer degressiv abschreibt, schließt zudem außerplanmäßige Sonderabschreibungen des Gegenstandes zum Beispiel wegen außergewöhnlicher technischer oder wirtschaftlicher Abnutzung des Objektes aus.

Es wird also eine Rolle rückwärts veranstaltet – teilweise, denn trotz der Wiedereinführung der degressiven Abschreibung bleibt es bei den schon seit 2001 in Kraft befindlichen längeren Abschreibungszeiten der amtlichen AfA-Tabellen. Die steuersenkende Wirkung der Neuregelung ist also beschränkt. Zudem ist die Maßnahme auf zwei Jahre befristet: ab 2011 soll wieder, wie schon 2008, jegliche degressive Abschreibung abgeschafft werden. In der Politik ist aber schon eine Woche eine lange Zeit: es ist daher nicht davon auszugehen, daß man sich 2011 noch der Regelung aus dem Jahre 2008 erinnert… nur zum Vergleich: in England hat man, ebenfalls wegen der Finanzkrise, die dortige Umsatzsteuer von 17,5% auf 15% gesenkt, befristet 01.12.2008 bis Ende 2009. Inzwischen sickerte aber durch, daß die Steuer danach auf 18,5% steigen soll. Ein Modell für die deutschen Abschreibungsregeln?

Die hier skizzierten Regelungen betreffen nur die steuerliche Abschreibung. Sie sind bilanziell, d.h. sie haben mit den Kosten nichts zu tun. Durch die Rechtsänderung ändern sich ab 2009 nicht die Kosten des Unternehmens, sondern nur die Aufwendungen. Die Kostenrechnung kennt eine ganz andere Abschreibung, die hiervon nicht berührt wird (Vergleich). Leider werden die beiden Abschreibungsmethoden, die miteinander wenig zu tun haben, oft verwechselt.

Der AfA-Rechner für Excel ist schon auf die neuen Regelungen umgestellt worden; in den anderen Schriftwerken auf der BWL CD wird dies bis zum Jahresende der Fall sein.

Links zum ThemaUnternehmensteuerreform 2008: Neuregelung der Abschreibung des Anlagevermögens | AfA-Tabelle |Kostenrechnung: Rechenmethoden und Rechenfehler bei der kalkulatorischen Abschreibung | Die Kraft der zwei Abschreibungen, oder warum alle Anlagegüter doppelt abgeschrieben werden (sollten) | Skript zum Jahresabschluß nach HGB | Skript zur Rechnungslegung nach IAS/IFRS | AfA-Rechner für Excel (interne LinksDegressive Abschreibung im Betriebsausgabenlexikon (externer Link)

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