Sale-and-lease-back: Das »Tena-Lady-Seniorenheim«

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Schon früher haben wir an dieser Stelle darüber nachgedacht, warum Leasing sich nicht lohnt. Das gilt auch für Sale-and-lease-back-Transaktionen. Während beim eigentlichen Leasingvertrag aber lediglich ein Nachteil für den Leasingnehmer in Gestalt hoher Effektivzinsen entsteht, hat die Sale-and-lease-back-Transaktion auch negative Auswirkungen auf unbeteiligte Dritte.

Beim sogenannten Sale-and-lease-back verkauft der Eigentümer eines Anlagevermögensgegenstandes diesen an eine Leasingfirma, und mietet das Objekt sogleich zurück. Die realen Verhältnisse ändern sich also meist gar nicht, aber der Nutzer des Gegenstandes wandelt sich gegen Freisetzung von Liquidität vom Eigentümer zum Mieter.

Hierbei stehen meist kurzfristige Vorteile im Vordergrund, etwa der durch den Verkauf erzielte Verkaufserlös. Besonders Stadtverwaltungen und andere öffentliche Stellen lassen sich hiervon blenden, und veräußern kommunale Versorgungssysteme, Immobilien, Stadtwerke oder gar ganze Wohnungsbaugesellschaften an Leasingfirmen, d.h. oftmals an Finanzinvestoren. Die zahlen zwar prompt einen Kaufpreis, der kurzfristig Verschuldungsprobleme löst und die kommunale Kasse füllt, garantieren aber nicht immer die künftige Pflege und Instandhaltung dieser u.U. für die Allgemeinheit sehr wichtigen Einrichtungen. Doch nicht nur der möglicherweise in Kauf genommene künftige Verfall der öffentlichen Daseinsvorsorge belastet den Bürger, auch die künftigen Leasingzahlungen, die wie nahezu alle anderen Leasingverträge auch eine hohe interne Verzinsung aufweisen. Für die Lösung kurzfristiger Liquiditätsprobleme werden also hohe Kosten in nicht sehr ferner Zukunft billigend in Kauf genommen. Wie das mit dem Amtseid der Politik, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden vereinbar ist, verschließt sich mir.

Doch das ist längst nicht alles. Für Sale-and-lease-back-Transaktionen ist es nämlich typisch, daß die mit einem Gebäude verbundenen Rechte "entbündelt" werden. Hat ein Eigentümer noch alle Rechte an einem Objekt, so werden verschiedene Nutzungsarten bei solchen Leasinggeschäften aufgedröselt. Der kommunale Mieter hat dann zwar noch das Nutzungsrecht im Inneren der zurückgemieteten Immobilie, nicht aber die Außenrechte – zum Beispiel zur Anbringung von Reklametafeln. Sale-and-lease-back befördert also die Verpestung des öffentlichen Lebensraumes mit entnervender Zappel- und Flackerwerbung. Auf Webseiten hilft gegen solche Belästigung ein guter Werbefilter, aber was außer beherzten Steinwürfen schont die Nerven im öffentlich werbeverpesteten Raum?

Doch auch hier gibt es noch eine Steigerung, nämlich in Gestalt der Namensrechte. Der Leasinggeber, von dem die verkaufte Immobilien zurückgemietet wird, behält sich nämlich das Recht vor, das Objekt umzubenennen – natürlich gegen Bares von Werbesponsoren. So heißt das Hamburger Volksparkstadium jetzt bekanntlich AOL-Arena [inzwischen "HSH-Nordbank-Arena", vgl. unten], und der bekannte Onlinedienst dürfte dafür kräftig gezahlt haben. Das aber ist ein Geschenk, das wir noch gar nicht wirklich ausgepackt haben: wie wäre es etwa mit dem "Tena-Lady-Seniorenheim"? Oder sollte aus dem Kreiskrankenhaus plötzlich die "Always-Ultra-Frauenklinik" werden?

Kommerzielle Interessen sind nicht als solche schlecht, haben aber im Bereich der öffentlichen Verwaltung nichts zu suchen. Gerade kommunale und staatliche Stellen sollten sich diesbezüglich neutral verhalten, erfüllen diese einst strikt durchgesetzte Anforderung aber immer weniger. Der unbeteiligte Dritte, also der Stakeholder im Sinne der QM-Terminologie, wird damit von oft bisweilen widerwärtigen Werbeaussagen betroffen, die ihm ja jetzt schon im vorabendlichen TV-Programm genüßlich serviert werden, wie etwa in dem weithin bekannten Saugfähigkeitstest, an vorstehend genanntem Produkt anschaulich demonstriert.

Übrigens gibt es noch ganz andere Betätigungsfelder für Leasingfirmen, die sich bald auftun könnten: die Lizensierung von biometrischen- und Adreßdaten, durch Personenkennziffern und Personalausweise mit digital gespeicherten Fingerabdrücken bald recht zahlreich verfügbar. Auch immaterielle Wirtschaftsgüter lassen sich vermieten. Und keine staatliche Stelle wird sich diese lukrative Einnahmequelle auf Dauer entgehen lassen.

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Links zum Thema: Wirklich so günstig? Warum Leasing sich nicht lohnt | TV-B-Gone, oder die schwachen Nerven des BWL-Boten | Die verschluckte Krankenschwester, oder von Onanie in der Marktkommunikation | Neue Werbeformen: brauchen wird bald Bildschirmschoner für Fernseher? | Leasing-Rechner für Excel | Darlehens-Rechner für Excel (interne Links)

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