Virtualisierung des Zivilprozesses: Online-Hinterlegung von Schutzschriften jetzt möglich

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Nachdem schon im vergangenen Jahr mit dem Aktionärsforum und dem Unternehmensregister das handelsrechtliche Verfahren teilweise in den virtuellen Raum gebracht wurde, gibt es jetzt auch zögerliche Bestrebungen, das Zivilverfahren zu digitalisieren. Ein erster Schritt in diese Richtung: jetzt können Schutzschriften online hinterlegt werden. Der Haken: ob das auch hilft, ist ungewiß.

Eine Schutzschrift ist ein Dokument des einstweiligen Verfahrens und nicht in der Zivilprozeßordnung (ZPO) sondern nur gewohnheitsrechtlich geregelt. Sie dient der Abwehr richterlicher Entscheidungen bei einstweiligen Verfügungen, die in einem späteren Zivilprozeß in die Rechte des Beklagten eingreifen können. Besonders häufig ist das bei marken- oder urheberrechtlichen Abmahnungen, und die sind im Internet ja nicht so selten. Aber auch bei Prozessen im Zusammenhang mit dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht kommen Schutzschriften vor.

In diesem Dokument legt derjenige, der einen Antrag auf einstweilige Verfügung von einem möglichen Prozeßgegner befürchtet, seinen Rechtsstandpunkt vorsorglich dar. Er kann damit vom Gericht auch ohne Verhandlung gehört werden, denn die Richter schauen in die Archive bevor sie einstweilige Verfügungen erlassen – meistens, und das ist der Haken: eine gesetzliche Pflicht dazu gibt es nämlich nicht.

Das Zentrale Schutzschriftenregister erleichtert die Sache jetzt immerhin in einer anderen Hinsicht: bisher mußten nämlich oft mehrere deckungsgleiche Schutzschriften bei verschiedenen Gerichten eingereicht werden, jede mit allen Anlagen und Beweisen – denn oft ist nicht klar, welches Gericht für den Erlaß einer einstweiligen Verfügung zuständig ist bzw. wo der (potentielle) Prozeßgegner sie beantragt. Nunmehr gibt es eine einheitliche Stelle – und die Hoffnung, daß diese auch von den Gerichten angefragt und damit anerkannt wird. Die dortige Hinterlegung einer Schutzschrift ist nur für Rechtsanwälte möglich und kostet 45 Euro.

Das ist immerhin ein guter Anfang der Digitalisierung des Zivilverfahrens, und diese ist dringend nötig: Personalknappheit und Unterfinanzierung gestalten Zivilprozesse derzeit zu einer frustrierenden Angelegenheit. Ein gewöhnlicher Mahnbescheid braucht in Erfurt bis zu zwei Monate (!) und ein vollstreckbares Urteil ist kaum in unter einem Jahr zu erlangen. Es gibt also noch viel zu tun. Warten wir's ab…

Links zum Thema: UMAG: Das neue Aktionärsforum | Unternehmensregister: Das Handelsregister geht online (interne Links) Zentrales Schutzschriftenregister | Europäische EDV-Akademie des Rechts gGmbH (externe Links)

 

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