BilMoG: die Neufassung der handelsrechtlichen Herstellungskosten

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Durch die Bilanzrechtsmodernisierung ist auch die Definition der handelsrechtlichen Herstellungskosten verändert worden. Von einigen höchst komplexen Detailregelungen abgesehen müssen nunmehr die Gemeinkosten einbezogen werden. Das diesbezügliche Wahlrecht wurde abgeschafft. Eine der beliebtesten Aufgabengestaltungen der diversen Prüfungspoeten wird damit obsolet:

Die steuer- und die handelsrechtlichen Mindest-Herstellungskosten sind damit nämlich gleich, so daß in den verbreiteten Übungs- und Klausuraufgaben zu diesem Thema nicht mehr auf den diesbezüglichen Unterschied abgestellt werden kann:

 

§255 Abs. 2 HGB, altes Recht
Fertigungsmateriel
+ Fertigungslöhne
+ Sondereinzelkosten der Fertigung
= Mindest-Herstellungskosten
+ Materialgemeinkosten
+ Fertigungsgemeinkosten
+ Verwaltungs-GK
+ Fremdkapitalzins
= Höchst-Herstellungskosten
§255 Abs. 2 HGB, neues Recht
Fertigungsmateriel
+ Materialgemeinkosten
+ Fertigungslöhne
+ Fertigungsgemeinkosten
+ Sondereinzelkosten der Fertigung
= Mindest-Herstellungskosten
+ Verwaltungs-GK
+ Fremdkapitalzins
+ Entwicklungskosten
= Höchst-Herstellungskosten
R 6.3 EStR (Steuerrecht)
Fertigungsmateriel
+ Materialgemeinkosten
+ Fertigungslöhne
+ Fertigungsgemeinkosten
+ Sondereinzelkosten der Fertigung
= Mindest-Herstellungskosten
+ Verwaltungs-GK
+ Fremdkapitalzins
= Höchst-Herstellungskosten

 

So mußten nämlich bisher in Klausuren nach altem Recht oft die Gemeinkosten aus dem Zahlenwerk errechnet oder erschlossen werden. Wünscht das Unternehmen eine möglichst niedrige Bewertung, was aufgrund der Maßgeblichkeit sinnvoll war, so mußten die Gemeinkosten handelsrechtlich aus der Rechnung entfernt, steuerrechtlich aber einbezogen werden. Daß so keine Einheitsbilanz mehr zustande kommt, wurde vielfach toleriert.

Nach neuem Recht müssen die Gemeinkosten auch handelsrechtlich einbezogen werden, so daß die Mindest-Herstellungskosten nach Handelsrecht und nach Steuerrecht im Prinzip gleich sind. Bisherige Aufgabengestaltungen sind damit obsolet; §255 Abs. 2 HGB und R 6.3 EStR enthalten aber genug komplexe Einzelregelungen, um Klausurteilnehmer auch in Zukunft erfolgreich aufs Glatteis zu führen.

Hinzugekommen ist übrigens die Möglichkeit der Aktivierung von Entwicklungsaufwendungen. Dieses neue Wahlrecht nach §255 Abs. 2a HGB beruht auf dem ebenfalls neuen Wahlrecht, selbstgeschaffene immaterielle Vermögensgegenstände zu aktivieren (§248 Abs. 2 HGB), und ermöglicht einen handelsrechtlichen Ausweis der Herstellungskosten, der sogar noch höher als der nach IAS/IFRS ist. Steuerrechtlich hat das jetzt aber keine Konsequenzen mehr, so daß wir Unternehmen ermutigen, über die Ausübung dieser neuen Wahlrechte nachzudenken. Bilanziell kann das allerdings zur Bildung latenter Steuern führen…

Außerhalb des Protokolls der üblichen Bilanzbuchhalter-Prüfung wird darauf hingewiesen, daß die hier verwendeten Größen rein handelsrechtlich sind. Sie sind also, obwohl Sie so heißen, eben gerade keine Kosten. Wie der Kostenrechner rechnet, haben wiehier dargestellt. Das war bisher nie Prüfungsthema, denn es widerspricht der Denkweise des externen Rechnungswesens. Jetzt, da aber ohnehin viele Aufgaben neu verfaßt werden müssen, könnten die bekannten Jäger und Fallensteller hier auf den Geschmack kommen 🙂

Links zum ThemaBilMoG: Gesamtübersicht über die Neuregelungen | BilMoG: vom Ende der Maßgeblichkeit | BilMoG: die Neuregelung der Bilanzierung der immateriellen Vermögenswerte | Herstellkosten: der »wirkliche« Rechenweg (interne Links)Herstellungskosten im Gründerlexikon erklärt (externer Link)

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