Angaben auf Geschäftsbriefen: (K)ein Abmahnrisiko

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Der Abmahnwahn treibt seltsame Blüten. Jetzt erfaßt er auch Unternehmen, die auf ihren Geschäftsbriefen erforderliche Angaben unterlassen – oft einfach aus Unkenntnis. Die diesbezüglichen Regelungen waren bisher allerdings auch ein gefundenes Fressen für Spammer, die mit Slogans wie "wir berichtigen Ihre Briefvorlagen“ und sogar mit Links auf das Bundesgesetzblatt Werbung betrieben haben. Das Abmahnrisiko ist insgesamt eher gering, weil nur Schreiben, die an einen bestimmten Empfänger diesen Vorschriften unterliegen. Allgemeine Veröffentlichungen sind nicht betroffen – für sie gelten jedoch anderweitige Regelungen, zum Beispiel im Telemediengesetz.

Auf allen Geschäftsbriefen des Kaufmannes müssen nach §37a Abs. 1 HGB die Firma des Kaufmannes, die Bezeichnung der Rechtsform, der Ort der Niederlassung, das Registrergericht und die Handelsregisternummer angegeben sein. Geschäftsbrief ist jede Mitteilung, die an einen bestimmten Empfänger gerichtet ist, also beispielsweise jede Rechnung, jedes Angebot aber auch eine Einstellung oder Kündigung, nicht aber ein Werbeplakat oder ein allgemeinzugänglicher Aushang. §37 Abs. 1 HGB erfaßt ausdrücklich Geschäftsbriefe jeder Form, also auch eMails, Faxe und andere Arten der schriftlichen Kommunikation.

Beispiel: H.B. Nichts Computerdienst e.K., Sitz: Musterstraße 1, 12345 Musterstadt, Registergericht: Amtsgericht Musterstadt HRA 12345.

Bei einer offenen Handelsgesellschaft oder einer Kommandigesellschaft wäre an Stelle des "e.K." die Angabe der Rechtsformidentifikation "OHG" oder "KG" verpflichtend, §19 Abs. 1 Nr. 2 und 3 HGB. Die handelsrechtlichen Pflichtangaben werden in den einzelnen Rechtsformen vielfach noch ausgeweitet. Bei der GmbH müssen zusätzlich zu den vorstehenden Angaben alle Geschäftsführer mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen benannt werden (§35a Abs. 1 GmbHG).

Beispiel: H.B. Nichts Computerdienst GmbH, Geschäftsführer Harry B. Nichts, Sitz: Musterstraße 1, 12345 Musterstadt, Registergericht: Amtsgericht Musterstadt HRB 12345.

Bei einer GmbH mit einem Aufsichtsrat ist dieser ebenfalls zu benennen, und zwar ggfs. ebenfalls mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen, §35a Abs. 1 GmbHG.

Beispiel: H.B. Nichts Computerdienst GmbH, Geschäftsführer Harry B. Nichts, Sitz: Musterstraße 1, 12345 Musterstadt, Registergericht: Amtsgericht Musterstadt HRB 12345. Vorsitzender des Aufsichtsrates: Bert A. Mayse.

Bei einer Aktiengesellschaft müssen zudem alle Vorstandsmitglieder und der Vorsitzende des Aufsichtsrates benannt werden. Der Vorstandsvorsitzende ist gesondert zu bezeichnen.

Beispiel: H.B. Nichts Computerdienst AG, Sitz: Musterstraße 1, 12345 Musterstadt, Registergericht: Amtsgericht Musterstadt HRB 12345. Vorstand: Harry B. Nichts, Rainer Zufall, Max Mustermann. Vorstandsvorsitzender: Harry B. Nichts. Vorsitzender des Aufsichtsrates: Bert A. Mayse.

Bei einer europäischen Aktiengesellschaft (Societas Europaea) werden diese Angaben sinngemäß auf den Verwaltungsrat übertragen, wenn die Gesellschaft das monistische System gewählt hat, also keine doppelte Führung aus Vorstand und Aufsichtsrat mehr besitzt (Monistisches System). Die Societas Europaea kann bekanntlich wählen, ob Sie nach dem "dualistischen System" mit Vorstand und Aufsichtsrat, also zwei Führungsorganen, oder nur mit einem einheitlichen Verwaltungsrat ausgestattet sein will.

Bei einer Genossenschaft sind neben der Rechtsform und dem Sitz der Genossenschaft das Registergericht, die Nummer, unter der die Genossenschaft in das Genossenschaftsregister eingetragen ist, sowie alle Vorstandsmitglieder und, sofern der Aufsichtsrat einen Vorsitzenden hat, dieser mit dem Familiennamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen anzugeben (§25a Abs. 1 GenG).

Beispiel: H.B. Nichts Computerdienst eG, Sitz: Musterstraße 1, 12345 Musterstadt, Registergericht: Amtsgericht Musterstadt GenR 12345. Vorstand: Harry B. Nichts, Rainer Zufall, Max Mustermann. Vorstandsvorsitzender: Harry B. Nichts. Vorsitzender des Aufsichtsrates: Bert A. Mayse.

Auch hier werden diese Angaben bei der Europäischen Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea) wieder analog auf den Verwaltungsrat angewandt, wenn die Gesellschaft das monistische System gewählt hat.

Verstöße gegen diese Offenlegungspflichten können mit einem Bußgeld geahndet werden. Sie sind zudem Gegenstand von Abmahnungen. Die abmahnsichere Gestaltung unternehmerischer Kommunikation kann also das diesbezügliche Risiko wesentlich vermindern. Abmahner können hier aber anders als bei Webseiten nicht pauschale Prüfungen vornehmen, sondern müßten jedes einzelne potentielle Opfer individuell anschreiben und die Antwort auswerten. Das diesbezügliche Risiko ist also ohnehin kleiner als etwa bei Fragen der Werbung oder des Web-Auftrittes.

Weil diese Pflichtangaben auch für elektronische Kommunikationen gelten, sind besondere Fragen aufgeworfen worden. Eine Auslagerung dieser Pflichtangaben in eine die eMail begleitende separate Datei (z.B. eine Visitenkarten-Datei) ist i.d.R. nicht ausreichend, weil nicht jeder solche Dateien problemlos öffnen kann. Das Gesetz schließt auch SMS nicht aus; hier besteht aber Unklarheit, denn die eine AG betreffenden Angaben können umfangreicher sein als die Maximalgröße der SMS. Dies ist eine offensichtliche Gesetzeslücke. Die Angabepflichten gelten auch auf Rechnungen, sind aber nicht zusammen mit den anderen Angabepflichten im Umsatzsteuergesetz geregelt. Praktisch ist das kein Problem, wenn die erforderlichen Angaben auf Geschäftsbriefen in einem Vordruck oder im Ausdruck der Rechnung fest vorgegeben werden.

Da die Pflichtangaben bisweilen sehr umfangreich sein können, blähen sie die eMail-Unterschrift auf. Dies kann im Netz als Etikettenverstoß verstanden werden, aber das Gesetz nimmt auf solche Gepflogenheiten keine Rücksicht.

Gar nicht betroffen von solchen Vorschriften sind nichtgewerbliche Freiberufler und Privatpersonen. Für sie gibt es keine allgemeinverbindlichen Pflichtangaben (aber möglicherweise spezialgesetzliche Regelungen). Vereine und Gewerbetreibende, die gleichwohl keine Kaufleute sind, könnten jedoch von den Angabepflichten des §15a GewO betroffen sein. Hiernach sind Gewerbetreibende, die eine offene Verkaufsstelle haben, eine Gaststätte betreiben oder eine sonstige offene Betriebsstätte haben verpflichtet, ihren Familiennamen mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen an der Außenseite oder am Eingang der offenen Verkaufsstelle, der Gaststätte oder der sonstigen offenen Betriebsstätte in deutlich lesbarer Schrift anzubringen.

Links zum Thema: Nach über 31 Jahren: Der Europarat beschließt die Europäische Aktiengesellschaft | Societas Cooperativa Europaea: Europäische Genossenschaft ab heute möglich | Unternehmensregister startet stott… st… stotternd (interne Links)

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