Remailing, oder wie man den Portokosten ein Schnippchen schlägt

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Noch hat die Post einen massiven Wettbewerbsvorteil, weil sie durch §4 Nr. 11 b UStG von der Umsatzsteuer befreit ist. Während derzeit alle Welt auf die zum 1. Januar 2007 höchstwahrscheinlich anstehende Umsatzsteuererhöhung starrt wie die Schlange auf das Kaninchen, ist das vermutlich baldige Auslaufen des Postmonopols und damit auch das Ende der Umsatzsteuerbefreiung der Post noch nicht ins öffentliche Bewußtsein geraten. Hier aber droht ein neuer massiver Preisschub, denn man kann kaum daran zweifeln, daß der gelbe Riese den Umsatzsteuerschock ungemildert weiterreicht. Was aber kann man dagegen tun?

Der Wettbewerb, so die Standardantwort, werde es schon richten. Das mag wahr sein, oder auch nicht. Bei der Liberalisierung der Telekom hat der Wettbewerb immerhin geholfen, denn auch in 1996 wurde die damalige Umsatzsteuerbefreiung für die Telekom abgeschafft. Die Verhältnisse im Transportgewerbe sind aber viel planwirtschaftlicher als bei der Datenübermittlung. Was also, wenn das mit der Konkurrenz bei der Post nicht wirkt?

Wie einst bei der Telekommunikation gibt es zum Glück auch bei der Briefkommunikation Möglichkeiten, Teuerpreise zu umgehen – und diese Tricks funktionieren heute schon. "Remailing" heißt das magische Wort, der Wiederversand von Poststücken aus dem Ausland an deutsche Empfänger. "Horch was kommt von draußen rein" für Poststücke, sozusagen.

Im Grunde besteht Remailing nur in der Sammelverschickung vieler Briefe an einen ausländischen Versender, der die Postsachen dann einzeln von seinem Standort nach Deutschland zurückschickt – zu meist drastisch günstigeren Preisen, etwa unter einem Zehntel (!) des deutschen Portos bei Versand aus Moskau. Manche Remailer bieten nur den Versand fertiger Briefe an (indirektes Remailing), andere sogar die Fertigung der Briefe direkt im Ausland, so daß deren Paketversand zum Remailer und die damit verbundene Verzögerung entfallen (direktes Remailing). Das ist zwar in jedem Fall ein Verstoß gegen das Weltpostabkommen, das manchen Ländern deutlich niedrigere Portotarife zugesteht, aber gleichwohl ein willkommenes Kostensparmodell und schon alleine daher inzwischen weit verbreitet.

Die Sache hat freilich auch einen Nachteil: nicht nur millionenfach versandte Kontoauszüge und Abrechnungen lassen sich so viel günstiger verschicken, sondern auch der nicht minder massenhaft verschickte Werbemüll, der dann die Briefkästen der Konsumenten verstopft. Remailing eignet sich für alle Sendungsarten, bei denen eine kurze Versandverzögerung tolerabel ist – ob sie dem Adressaten nützen oder nicht. Zunehmen wird diese Strategie der Kosteneinsparung aber auf jeden Fall, wenn die Unternehmen nämlich versuchen, die durch die gegenwärtigen steuerlichen und sonstigen Verschärfungen und Preiserhöhungen anderswo zu kompensieren.

Das freilich wissen auch die Wiederversender, die ihre Dienste immer aggressiver im Internet feilbieten, und die gewiß leicht mit den einschlägigen Suchmaschinen zu finden sind – so daß selbst kleine Mittelständer angesichts zunehmenden Kostendrucks schon über Remailingstrategien nachdenken, die einst nur eine Sache der Banken und Versicherungen mit ihrem großen Postaufkommen waren. Das aber sagt uns nur eins: der Wettbewerb findet jetzt schon seinen Weg – vorbei an deutschen Turbesteuern und Überreglementierungen. Man kann den Markt nur eine gewisse Weile lang drangsalieren. Dann findet die Globalisierung ihren Weg. So einfach ist das!

Links zum Thema: Umsatzsteuererhöhung beschlossen: die wirtschaftspolitische Unvernunft siegt | Vorgezogener Schaden: Wie die Umsatzsteuererhöhung jetzt schon Preise steigen läßt | Bauernschläue in Aktion: Neun (!) Prozent Umsatzsteuer – für fast alle landwirtschaftlichen Produkte? | Umsatzsteuer: Wie die Ertragsbesteuerung der Kleinunternehmer indirekt erhöht wird (interne Links)

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