Energiepreisdebatte: Was hat der Gaspreis mit iranischen Kernwaffen zu tun?

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Ähnlich wie vor Jahren bei den Stromversorgungsnetzen sollen jetzt auch die Gasnetze "geöffnet" werden. Die auch als "Unbundling" bezeichnete Maßnahme bedeutet für den Verbraucher, daß er den Gasversorger unabhängig vom Netzanbieter wählen kann – und für die Netzbetreiber, daß sie Durchleitungsentgelte kassieren. Dies soll die bisherigen monopolistischen Strukturen aufbrechen und die Preise in Bewegung nach unten bringen. Die Sache hat aber auch eine Tiefendimension, die weniger bekannt ist.

Wie beim Strom ist das auch bei den Gasnetzen nur eine fiktive Marktöffnung. Zwar könnte ich, schon aufgrund der Dienstleistungs- und der Warenverkehrsfreiheit im Rahmen des EU-Vertrages, hier in Erfurt einen portugiesischen Stromanbieter wählen, aber natürlich käme die Elektrizität dann nicht aus einem portugiesischen Kraftwerk. Selbst eine wirkliche "Durchleitung" findet nicht statt – schon der immensen Leitungsverluste wegen. Die Versorger verrechnen sich gegenseitig nur ihre Kunden. Eine Pseudo-Marktwirtschaft also.

Nicht anders wäre es beim Gas, wo die Leitungsverluste nicht kleiner sind als beim Strom, und doch liegen hier die Verhältnisse anders als bei der Elektrizität, denn während Strom dezentral in vielen Kraftwerken erzeugt wird, gibt es nur vergleichsweise wenige Gasproduzenten – neben den politisch risikoreichen islamischen Staaten beispielsweise das ebenfalls nicht allzu stabile Rußland. Doch was de facto nicht dasselbe ist, hat doch die gleichen Auswirkungen: Energie wird teurer, und mit ihr alles andere. Nur ist es beim Strom eine widersinnige Steuerpolitik, die Arbeitsplätze vernichtet und Ressourcen verschwendet, sind es beim Gas die Erzeugerländer, die die Preise erhöhen – und das meist wegen höherer Nachfrage, zum Beispiel aus China und Indien. Dort floriert die Wirtschaft nämlich, ungebremst von Emissionshandel und Ökologismus, und wir zahlen deren Wirtschaftsboom indirekt mit.

Doch die Sache hat noch eine andere, wenig beachtete Seite, und die ist viel gefährlicher. Bisher werden Öl und Gas nämlich stets in US-Dollar gehandelt, was einen Wettbewerbsvorteil für die Amerikaner bedeutet, denn diese können mit der eigenen Währung Energieträger einkaufen, während der Rest der Welt erst Dollars kaufen muß und dann mit diesen das Öl – ein klarer Wettbewerbsnachteil für die Europäische Union. Und das ist, wo das iranische Kernforschungsprogramm ins Spiel kommt.

Dem Iran wird derzeit bekanntlich vorgeworfen, Kernwaffen bauen zu wollen, was durchaus plausibel erscheint bedenkt man, wie Israel mit seinen Nachbarn und die USA mit dem Irak umgesprungen sind: wer den Atomblitz besitzt, hat vor der United States Army Ruhe, Nordkorea hat das bewiesen. Was aber hat das mit Öl und gas zu tun?

Eine ganze Menge, denn der Iran will dem Vernehmen nach neben der NYMEX in New York und der ebenfalls unter faktischer US-Kontrolle stehenden IPE in London eine eigene Rohölbörse betreiben, die bislang einzige außerhalb der Kontrolle Washingtons. Dort könnte man, und das versetzt die USA in Angst und Schrecken, Öl auch gegen Euro kaufen – so daß die Rolle des Dollars als Weltleitwährung gefährdet wäre, um so mehr je größer das dortige Handelsvolumen wächst.

Will man die wahren Intentionen eines Handelns finden, so muß man aufdecken, wer davon einen Nutzen hat – und wir entdecken hier also, daß Washington einen Nutzen hat, wenn alle Welt Energie nur in Dollar handeln darf. Wir erinnern auch daran, daß Saddam Hussein einst ebenfalls eine eigene Ölbörse errichten wollte – die ebenfalls nicht (nur) in US-Dollar handeln sollte. Das hat der Westen nur vordergründig belächelt, denn es ist nicht abwegig zu vermuten, daß der Krieg im Irak auch den Zweck verfolgte, die Dollar-Herrschaft aufrechtzuerhalten.

Ein baldiger Krieg gegen den Iran erscheint also um so wahrscheinlicher, als die dortige Regierung ähnliche Ziele verfolgt wie einst der Irak – und es wundert daher auch nicht, daß man dem Iran das kerntechnische Potential verweigern will, denn die derzeitige Rhetorik aus Theran läßt befürchten, daß man sich im Falle eines Angriffes auch mit Kernwaffen verteidigen würde. Hat der Iran also erstmal die Bombe, kann der Westen nichts mehr dagegen tun, daß Öl auch in Euro gehandelt werden würde – und das fände man im Weißen Haus gar nicht witzig. Es würde aber dem deutschen Konsumenten nutzen, denn Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft. Das aber will man gerade nicht, denn Energie soll teuer bleiben damit die Menschen unfrei bleiben, denn freie Fahrt (und freie Heizung) gibt es nur für freie Bürger. Also nicht für Deutsche.

Links zum Thema: Wie die Windenergie Arbeitsplätze und Rohstoffe vernichtet | Zwischenruf: Was uns der kalte Claus zu lehren hat, wir aber nicht lernen wollen | Tractatus Oeco-Politicus (interne Links)

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