Chartanalyse: Verborgene Zusammenhänge in Kursdaten

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Die BWL CD enthält unter anderem die Original-Indexdaten des Dow Jones Industrial Average seit dem Jahr 1900 und die DAX-Datenreihe seit 1960. Die börsentäglichen Daten erlauben die Aufdeckung verborgener Zusammenhänge und Spekulationen über gesamtwirtschaftliche Entwicklungen. Dozenten haben auf diese Art nicht nur ein Mittel, Lehreinheiten zu Excel, VBA-Programmierung und Kapitalmarkttheorie miteinander zu verbinden, sondern auch die gesamtwirtschaftliche Relevanz solcher Daten zu zeigen. Was aber findet man, wenn man näher hinguckt?

Was eine Korrelationsanalyse leisten kann

Streupunktdiagramm aus DAX und Dow Jones für das Jahr 2003So kann man für jeden Börsentag, an dem ein Schlußkurs für den Deutschen Aktienindex (DAX) und den Dow Jones Industrial Average Index festgestellt worden ist, ein Wertepaar aufzeichnen, und aus diesen Wertepaaren ein Streupunktdiagramm aufstellen. Jeder Punkt steht also für die Kombination aus zwei Ausgangswerten. Die nebenstehende Darstellung enthält so viele Punkte, wie es im Börsenjahr 2003 gemeinsame Handelstage gab.
Dabei fällt auf den ersten Blick eine hohe Übereinstimmung auf: Dow Jones und DAX scheinen sich im Gleichschritt zu entwickeln, steigt der eine, so steigt auch der andere. Ein gutes Maß hierfür ist die Korrelation: der Korrelationsfaktor für die Dow Jones- und die DAX-Daten liegt im Jahre 2003 bei satten 97,65%.
Dies kann natürlich ein Zufall sein, d.h., die Märkte könnten sich zufällig gleichgerichtet entwickeln, so wie zufällig mehr Kinder und mehr Störche beobachtet werden können. Aus so einer Einzelbeobachtung wäre nicht der Schluß zu ziehen, daß der Storch die Kinder bringt. Vertiefen wir also mal das Bild:

Bringt der Storch die Kinder?

Streupunktdiagramm aus DAX und Dow Jones für das Jahr 2005Versuchen wir erst, das mal für andere Jahre zu machen. Für 2005 (im Bild betrachteter Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 01.11.2005) ergibt sich interessanterweise ein sehr uneinheitliches Bild: die Wertentwicklungen scheinen nicht (mehr?) im Gleichschritt zu sein. Noch interessanter (aber hier schlecht zu zeigen) ist, daß sich im Laufe des Jahres ein "Auseinanderdriften" zeigt, d.h., die Korrelation wird im Laufe des Jahres schwächer – insbesondere nach Schröders Mißtrauensvotum und dem sich anschließenden Wahldesaster im September. Für die ersten zehn Monate des Jahres beträgt die Korrelation nur noch 3,69%, d.h., es ist kaum noch ein Zusammenhang vorhanden. Der US- und der deutsche Markt scheinen getrennte Wege zu gehen – kein Gleichschritt mehr. Was aber kann man daraus schließen?
Eine Möglichkeit ist, die gesamte Datenreihe der auf der CD vorgesehenen Datei zu untersuchen. Zufällig bietet das Programm diese Möglichkeit:

Von der fortschreitenden Globalisierung

Dow Jones und DAX Korrelation seit 1960
Hier fallen zwei Dinge auf: einerseite deckt die Datenanalyse einen Konjunkturzyklus auf. Alle paar Jahre scheint der Zusammenhang zwischen den Teilmärkten auf beiden Seiten des Atlantik "zusammenzubrechen"; weshalb das so ist, wäre in einer vertieften Untersuchung festzustellen. Weiterhin aber steigt der Gesamtzusammenhang an (blaue Regressionskurve): Es ist naheliegend, dies als Indiz für die fortschreitende Globalisierung zu verstehen. Trotz permanenter Schwankungen rücken Europa und die USA einander näher. Märkte werden enger miteinander verknüpft; wenn man in Detroit niest, bekommt man in Wolfsburg Schnupfen.

Auf dem Weg in die Krise?

Ein ganz anderes Bild ergibt sich, wenn man über die Realdaten jeweils einzeln eine Regressionsrechnung laufen läßt, und die Ergebnisse vergleicht. Das haben wir hier mal für die Zeit ab 1998 gemacht:
Dow Jones und DAX Realdaten seit 09/1998
Zu unserer Überraschung zeigt sich nämlich, daß für die nicht zufällig gewählte Zeit seit September 1998 der Dow Jones (oben, in rot) weitgehend stabil zu sein scheint, der Deutsche Aktienindex (unten, in blau) einen deutlichen Absturz erlebt: Trotz prinzipiell fortschreitendem Zusammenhang der Märkte dividieren sich Deutschland und die USA also auch auseinander: der US-Markt ist behauptet, der deutsche Markt geht in die Knie. Sehr zur Freude der Anleger, versteht sich.

Schlußfolgerungen

Dem Leser ist es überlassen, sich ein Bild von den Daten zu machen, und dem, was gegen den offensichtlichen Absturz der Kapitalmärkte in Deutschland getan wird. Ideal wäre natürlich ein Wertpapier, das nicht an Wert verlieren kann – oder, noch besser, das von einer Regierungsorganisation, die sich demokratischer Kontrolle entzieht, beliebig im Wert festgesetzt werden kann. Die EU-Kommission wäre eine solche Institution, und der Zufall will, daß genau solche Wertpapiere in Form von sogenannten CO2-"Wert"papieren Anfang des Jahres eingeführt worden sind. Energierationierung und -verteuerung sollen also den Kapitalmarkt wieder in Gang bringen – eine einfache Logik, die man aber nicht im Börsenteil der Zeitung nachlesen kann. Man muß in die Datenanalyse und -auswertung gehen.

Links zum Thema

Soll ein Krieg das Finanzsystem retten? | Moskau ratifiziert Kyoto: Ein Ausblick (interne LinksQuelle für Dow Jones Daten | Quelle für DAX-Daten (externe Links)

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