Bald auch Gebühren an allgemeinbildenden Schulen?

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Leistungen des Staates, die früher ganz selbstverständlich aus Steuergeldern finanziert und allen gleichermaßen zugänglich waren, werden immer weiter zu kostenpflichtigen Privatangeboten, teils aufgrund bewußter Abzocke des Staates, teils aufgrund gravierender Qualitätsmängel der öffentlichen Angebote. Wohin soll das noch führen?

Bei der Maut, die bekanntlich zusätzlich zur Kfz-Steuer und bald für alle auf allen Straßen erhoben wird, erleben wir derzeit, was das heißt; die Studiengebühren an den Universitäten, die wie man inzwischen hört zum Stopfen allgemeiner Haushaltslöcher veruntreut (und keineswegs zur Verbesserung des Angebots der Universitäten verwendet) werden sollen, sind ein weiterer Fall. Nun scheint der Abzockezeitgeist sogar schon die allgemeinbildenden Schulen zu erreichen.

So meldete das statistische Bundesamt, daß die Anzahl an Privatschülern gegenüber 1995 um 24% gestiegen sei, während sie an öffentlichen Schulen um ca. 3% zurückgegangen sei. Dies betreffe mit nur 2% Privatanteil kaum die Grundschulen, aber der Zuwachs sei hier mit 61% am höchsten. Dagegen gehen schon 11% der Gymnasiasten auf eine privat betriebene Oberschule. Privatschulen sind gemäß Art. 7 Abs. 4 und 5 Grundgesetz (GG) zulässig. Die Staatsaufsicht über das gesamte Schulwesen (Art. 7 Abs. 1 GG) stellt kein Verbot von Schulgebühren dar. Nicht alle Privatschulen verlangen auch Gebühren: so zählen auch Schulen in kirchlicher Trägerschaft zu den privaten Schulen, sind aber – noch? – gebührenfrei.

Doch den Staat trifft eine allgemeine Fürsorgepflicht für seine Bürger, aus der er sich immer weiter zurückzieht. So trug eine hervorragende Ausbildung einst dazu bei, aus den Deutschen das Land der Dichter und Denker zu machen. Die Chance, mit Studiengebühren und entsprechenden Investitionen diesen Zustand durch eine intensive Elitebildung wiederzuerlangen, wird durch die Veruntreuung von Studiengebühren in den allgemeinen Haushalt vertan. Das gilt erst Recht für die Grundschule, denn hier wäre eine Gebührenerhebung ein Verstoß gegen Art. 26 Abs. 1 Satz 2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948. Die zunehmende Abwanderung zu Privatschulen könnte aber auch mit Qualitätsmängeln zu tun haben: überforderte Lehrkräfte, baufällige Schulgebäude, Schulbusse, die an Viehtransporte erinnern: kein Wunder, daß viele Eltern ihre Kinder lieber für viel Bares in einer Privatschule sehen!

Anders liegen die Dinge übrigens bei den Umschulungsmaßnahmen: das Anrecht zur Teilnahme an solchen Veranstaltungen haben Arbeitslose nämlich durch die vorherige oft jahrzehntelange Zahlung von Zwangsbeiträgen erworben, und doch wird Ihnen die Ausübung dieses Recht immer öfter durch die Streichkonzerte bei den Fördermitteln verwehrt: so führen Mittelkürzungen und die Verweigerung von Bildungsgutscheinen zu einem Massensterben privater Bildungsfirmen bei gleichzeitigem drastischen Qualitätsverlust. Zustände wie die hier berichteten wundern nicht weiß man, daß Dozentenstunden schon für fünf bis acht Euro (!) eingekauft werden können: das kann nichts wert sein, für die Teilnehmer so wenig wie für die Lehrkraft.

Der Schröder schwafelte einst von »Milliarden für die Bildung«, und jetzt wissen wir auch, was er damit meinte: nicht der Staat will Milliarden investieren, sondern wir sollen Milliarden zahlen… dumm und arm, offensichtlich der erwünschte Zustand des Volkes. Die Politik ist jedenfalls auf dem besten Weg, dieses Ziel zu erreichen.

Links zum Thema: Länder dürfen Studiengebühren einführen | Studiengebühren und Elitebildung: über die heiligen Kühe des Sozialismus | Bildung in Deutschland: weniger, kürzer, knapper | Bildung als Ware: Über Reformen und Reförmchen im deutschen Bildungssystem | Endzeitstimmung bei den Bildungsfirmen | Handys, Quake und BMW: Erfahrungsbericht eines Dozenten | Schröder: »Milliarden für die Bildung« | (interne Links) | Statistisches Bundesamt | Im Text berichtete Zahlen (externe Links)

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