EU-Kommission für elektronische Zensurmaßnahme

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Nur drei Tage nach der EU-Osterweiterung hat sich die Europäische Kommission für die Anwendung elektronischer Sperrtechnologien gegen das Kopieren von Banknoten ausgesprochen. Die Europäische Zentralbank hat gemeinsam mit den Zentralbankpräsidenten die Zentralbank-Arbeitsgruppe für die Fälschungsbekämpfung (Central Bank Counterfeit Deterrence Group, CBCDG) ins Leben gerufen. Diese Organisation will Techniken entwickeln und in die Industrie tragen, die das digitale Kopieren von Banknoten verhindern sollen. Gemeinsam mit der EZB hat die Kommission außerdem die Frage erörtert, ob die Anwendung solcher Techniken verbindlich vorgeschrieben werden sollte.

Wir berichteten bereits im Januar, daß Adobe PhotoShop CS und JASC PhotoPaint Pro Version 8 das Öffnen von Abbildungen von Euro-Scheinen verweigern – obwohl dies in Deutschland im Prinzip nicht verboten ist (die aktuelle Version 12 von Corel PhotoPaint kann noch Bilder von Euro-Scheinen öffnen und bearbeiten). Auch die legitime Anwendung solcher Abbildungen wird damit unmöglich, weshalb wir die Maßnahme als Zensur kritisiert haben – zumal man das Fälschen von Banknoten auf diese Art kaum verhindern kann, denn wer wirklich Geldscheine fälschen will, kann dies außerhalb der EU tun, oder sich von außerhalb Software und Geräte ohne Geldscheinsperre besorgen.

Da die Kommission die Anwendung des Blockiersystems für "wichtig" erachtet und die EZB angesichts der Marktgröße den Abschluß einzelner Vereinbarungen mit allen betroffenen Unternehmen für "nicht praktikabel" hält, ist eine allgemeine Verpflichtung zur Integration des Banknotenfilters zu erwarten. Dies würde alle Hersteller von Software, Scannern, Druckern und Kopiergeräten dazu zwingen, eine entsprechende Kontroll- und Zensurtechnik in alle Geräte, jede Software und sonstige Produkte zu integrieren, "die in der EU hergestellt, in die EU eingeführt oder innerhalb der EU vertrieben oder verkauft werden" und mit denen "Abbildungen erfaßt, in Computersysteme oder aus Computersystemen übertragen oder mit denen digitale Bilder zum Zweck der Geldfälschung bearbeitet bzw. hergestellt werden können".

Mit dieser neuen Entwicklung bewahrheitet sich aber auch unsere Prognose, daß in der Europäischen Union digitale Zensur- und Kontrolltechniken bald gesetzlich vorgeschrieben werden sollen, denn von der Geldsperre zur Musiksperre ist es nur ein kurzer Weg: wenn schon Technologien zum Verhindern von Banknotenbildern im Umlauf sind, warum dann nicht auch gleich Verfahren zum Schutz vor Privatkopien urheberrechtlich geschützter Werke vorschreiben? Es sieht immer mehr so aus, daß die Horrorvision TCPA schneller durch Gesetz als durch technologische Verbreitung Realität wird.

Bedarf es noch eines Nachweises des undemokratischen Charakters der Europäischen Union?

Links zum Thema: Zensur: Bildverarbeitungssoftware öffnet keine Bilder von Euro-Scheinen | TCPA: Auf dem Weg in die totale Kontrolle | TCPA: Eine Prognose des Scheiterns (interne Links)

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