Zins- und Mengentender: Die Hauptrefinanzierungsinstrumente der EZB

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Die Kenntnis der geldpolitischen Instrumente der Europäischen Zentralbank ist in Prüfungen wie der zum Bilanzbuchhalter von grundlegender Bedeutung. Besonders die Hauptrefinanzierung, die den größten Teil der Offenmarktpolitik ausmacht, ist immer wieder Gegenstand mehr oder weniger boshafter Prüfungsfragen. Dieser kleine Beitrag skizziert die beiden hauptsächlichen Verfahren, die Zins- und Mengentender. Der Artikel stammt aus Kapitel 3.1.1.1. des neuen Skriptes "Geldpolitik.pdf", das seit dem 7. April auf allen BWL CDs verfügbar ist.

Hauptrefinanzierungsinstrumente sind der hauptsächliche Teil der Offenmarktpolitik. Sie bestehen in regelmäßig (wöchentlich) durchgeführten kurzfristigen Transaktionen, durch die die Geschäftsbanken sich mit Liquidität versorgen können. Man spricht auch von den sogenannten Haupttendern; alle Transaktionen finden gegen Hinterlegung refinanzierungsfähiger Sicherheiten statt, was das ESZB vor Zahlungsausfällen schützt. Es handelt sich dann um Pfandkredite. Alternativ kauft die EZB auch Papiere unter der Bedingung, daß sie von den Geschäftsbanken sogleich auf Termin zurückgekauft werden. Man spricht dann von Pensionsgeschäften. Das Eigentum an den Papieren geht hier, im Gegensatz zu den Pfandkrediten, befristet auf die EZB über.

Die Zuteilung erfolgt durch Ausschreibungsverfahren (Tender). Im Rahmen dieses Verfahrens gibt die EZB ein Volumen bekannt, das sie bereit ist, zur Verfügung zu stellen. Die Geschäftsbanken reichen Gebote ein, wobei jedes einzelne Gebot mindestens 1.000.000 € umfassen muß. Man unterscheidet den Zins- und den Mengentender.

Bank Gebot Quote Zuteilung
A 20 Mio. EUR 0,76923 15,38 Mio. EUR
B 15 Mio. EUR 0,76923 11,54 Mio. EUR
C 10 Mio. EUR 0,76923 7,69 Mio. EUR
D 7 Mio. EUR 0,76923 5,39 Mio. EUR
Summe 52 Mio. EUR   40,00 Mio. EUR

Beim Mengentender ermittelt die EZB aus der Division der Summe der bereitgestellten Zuteilung durch die Summe der Gebote eine Quote, und teilt den Geschäftsbanken die jeweilige Summe zu:

 

In diesem Beispiel wäre die Summe der Zuteilung 40 Mio. EUR, aber die vier beteiligten Geschäftsbanken haben insgesamt 52 Mio. EUR nachgefragt. Jede Bank erhält damit nur 40 : 52 = 76,923% der nachgefragten Summe.

Gebot Zuteilung
A 20 Mio. EUR 4,0% D 7 Mio. EUR 5,0%
B 15 Mio. EUR 3,5% A 20 Mio. EUR 4,0%
C 10 Mio. EUR 3,3% B 13 Mio. EUR 3,5%
D 7 Mio. EUR 5,0%
  52 Mio. EUR     40 Mio. EUR  

 

Beim Zinstender muß jede nachfragende Bank zudem angeben, welchen Zins sie zu zahlen bereit wäre. Dies verschafft der EZB zusätzliche Informationen über das aktuelle Marktzinsniveau. Die Zuteilung erfolgt nach Reihenfolge des Zinses bis zur Maximalhöhe der zugeteilten Mittel, wobei der letzte Zuteilungsempfänger häufig nur einen Teil seiner Nachfrage erhält, die vorhergehenden Banken jedoch die gesamte nachgefragte Summe erhalten.

Jede nachfragende Bank kann damit durch Angabe eines höheren Zinses die Wahrscheinlichkeit einer Zuteilung erhöhen. Bei der oben dargestellten sogenannten "amerikanischen Methode" erhalten alle Banken die jeweilige Zuteilung zu dem Zinssatz, den sie selbst geboten haben.

Gebot Zuteilung
A 20 Mio. EUR 4,0% D 7 Mio. EUR 3,5%
B 15 Mio. EUR 3,5% A 20 Mio. EUR 3,5%
C 10 Mio. EUR 3,3% B 13 Mio. EUR 3,5%
D 7 Mio. EUR 5,0%
  52 Mio. EUR     40 Mio. EUR  

Bei der sogenannten "holländischen Methode" erfolgen die Zuteilungen zwar nach Höhe des Zinsgebotes, aber dennoch zu jeweils dem Zins der Bank, die als letztes in die Zuteilung gelangt ist, also zum niedrigsten berücksichtigten Gebotszins. Die Methode führt also zu einer geringeren Verzinsung als die "amerikanische" Version.

Das tatsächliche Verfahren ist seit Juni 2000 die amerikanische Methode; vorher wurden Mengentender ausgeschrieben.

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