Networking, oder der Niedergang klassischer Arbeitsverhältnisse

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Nicht erst seit im Frühjahr die Zahl der wirklich Arbeitslosen auf 7,2 Millionen geschätzt wurde, und bekannt wurde, daß Rot-Grün ab 2004 die Arbeitslosenstatistik auf EU-Standards ändern und damit die ausgewiesene Quote weiter senken will wissen wir, daß das Arbeitsverhältnis als solches am Ende ist. Was aber kommt nach dem Arbeitsverhältnis?

Der Arbeitnehmer als Risikofaktor

Zahlreiche Schutz- und Arbeitsverbotsnormen behindern die Einsetzbarkeit des Arbeitnehmers. Ein rational handelnder Unternehmer wird daher nur noch Leute einstellen, wenn er wirklich unbedingt muß, denn er läuft immer Gefahr, eingestellte Mitarbeiter betriebsbedingt nicht mehr entlassen zu können, wenn sich die Auftragslage wieder verschlechtert, weil diese sich auf eine Vielzahl von Sozialnormen berufen können. Daher wundert es auch nicht, daß Frauen unter den Arbeitslosen beiweitem überrepräsentiert sind, denn wer stellt schon eine Frau ein, wenn er sie im Einstellungsgespräch nichtmal fragen darf, ob sie schwanger ist, aber im Falle der Schwangerschaft die werdende Mutter weder entlassen noch beschäftigen darf?

Steuer- und Abgabenpolitik als Demotivator

Zudem ist es verständlich, daß bei Steuer- und Abgabensätzen von bis zu 75% der gesamten Personalaufwendungen sich auch die Arbeitswut der Mitarbeiter in recht engen Grenzen hält, zumale diejenigen, die schon seit Jahren, manchmal Jahrzehnten in irgendwelche gesetzliche Zwangsversicherungen eingezahlt haben, nunmehr noch zusätzlich betrogen werden sollen.

Wirkungslose Wirtschaftspolitik

Es ist daher einleuchtend, daß wirtschaftspolitische Maßnahmen kaum noch auf den Arbeitsmarkt durchschlagen. Während das Preisniveauziel von der EZB vergleichsweise gut erreicht wird, schafft es die Regierung mit allen Global- und Detailmaßnahmen nicht mehr, das konkurrierende Ziel des hohen Beschäftigungsstandes zu verwirklichen. Im Sinne der Phillips-Relation haben wir also Stagflation, aber auf Kosten der Arbeitnehmer. Zins- oder Mindestreservesenkungen beleben also die Wirtschaft, aber nicht mehr den Arbeitsmarkt.

Selbständigkeit und Hexenjagd

Ganz anders sieht es auf dem schwarzen Arbeitsmarkt aus, den ich lieber als freien Arbeitsmarkt bezeichnen würde. Ein Steuer- und abgabenfreies Arbeitsverhältnis ist jederzeit zu finden, und weniger Brutto ist dann plötzlich mehr Netto. Daß die Märkte sich selbst helfen, und die Politik letztlich nichts dagegen machen kann, dat inzwischen selbst die Regierung erkannt, die noch 1999 versuchte, den Minijob- und Freiberuflersektor auszutrocknen, und ihn nun eher fördert. Aber die beabsichtigte Verschärfung der Verfolgung von Schwarzarbeitern ist auch ein Zeichen für die Rat- und Hilflosigkeit der Obrigkeit.

Was kommt nach dem Arbeitsverhältnis?

Es bleibt die Frage, wie es weitergeht. Da der Wille der Regierung, den Wust von Vorschriften und Arbeitsverhinderungsregeln zu entflechten, äußerst zaghaft und nur aus der Not geboren ist, zugleich aber planwirtschaftliche- und Überwachungselemente noch verschärft werden, ist der naheliegende Rat an alle Absolventen, neue Wege der Beschäftigung zu suchen. In diesem Zusammenhang können wir zwei Ratschläge geben.

Auswandern

Das ist absolut ernstgemeint, und wird unter Diplomanden und Absolventen der verschiedensten Bildungseinrichtungen kaum rezipiert. Arabien beispielsweise, eine der modernsten und wirtschaftlich am schnellsten wachsenden Regionen der Welt, würde kaum ohne zahllose deutsche Fachkräfte funktionieren. In den USA gibt es schon lange mehr Iren als in Irland, und zu Zeiten der Globalisierung könnte es bald soweit sein, daß außerhalb Deutschlands mehr Deutsche leben als innerhalb der heimatlichen Grenzen. Besonders für junge Leute, die noch keine Immobilien oder gutausgestattete Wohnungen besitzen, ist dies eine empfehlenswerte Strategie. Der Schritt ins Ausland wird übrigens sogar vom Staat noch erleichtert, der nämlich im Zusammenhang mit Studium und Ausbildung oft auch Auslandsaufenthalte knüpft, die eine Gelegenheit zum Aufbau fester Beziehungen im Ausland bieten. Man bedenke bitte, daß die Globalisierung im Kern eine Verteidigung gegen staatliche Einschränkung und Gängelung darstellt!

Networking als lokale Alternative

Unter "Networking" versteht man nicht eine unseriöse Form des Marketings (die Pyramidenspiele), sondern ein Netz von Beziehungen, das jeden Teilnehmern in Krisensituationen abfängt und zuverlässigere Hilfe bietet als jedes Sozialgesetzbuch. Gerade Betriebswirtschaftler haben es leicht, freiberufliche Aufträge zu finden, und im Laufe der Zeit eine solide Selbständigkeit aufzubauen. Das fällt jungen Leuten um so leichter als Älteren, weil sie weniger in Zwangsversicherungen geleistete Einzahlungen durch den Ausstieg aus dem Zwangssystem verlieren. Sie stehen dann auch in der Wertschätzung bei den Arbeitgebern über den Arbeitsplatznachfragern, weil Freiberufler ein viel geringeres Beschäftigungsrisiko mitbringen.

Leistung ist wieder gefragt

Zum Erfolg gibt es allerdings keinen Lift, man muß immer die Treppe benutzen. Das lernen eigentlich alle irgendwann im Leben, aber bei rundum geschützten Arbeitnehmern dauert es manchmal länger, nicht selten das ganze Leben – wie ich aus Bildungsmaßnahmen des Arbeitsamtes aus eigener Erfahrung als Dozent bestätigen kann. Man kann daher allen Studenten oder Auszubildenden nur raten, sich nicht erst am Ende der Ausbildung um Kontakte zu kümmern, sondern schon möglichst am Anfang: Networking ist nämlich ein viel dichter gestricktes Netz als jede Zwangsversicherung. Harte Arbeit ist noch immer der Schlüssel zum Erfolg, nur nicht mehr im Arbeitsverhältnis. Daß es ohne Anstellung und übrigens auch ohne jegliche staatliche Fördermittel geht, kann ich aus eigener Erfahrung garantieren – und die derzeitige Krise, in der die Regierung nicht die Lösung sondern selbst das Problem ist, sollte uns Anreiz sein, unsere Probleme gerade auf staatsferne Art und Weise zu lösen, anstatt bei einem Arbeitgeber oder einem Subventionsgeber zu betteln und damit mindestens moralisch korrupt zu werden.

Links zum Thema

Die reale Zahl: 7,2 Millionen Arbeitslose? | Die neue Arbeitslosenstatistik, oder vom Überlebenskampf des Tausendfüßlers | Ermittlung des verfügbaren Realeinkommens und der Abgabenquote | Übersicht über die Reformvorhaben zum Jahresende | Bald Gefängnisstrafen für Schwarzarbeit? | Übersicht zur Neuregelung der Minijobs | Der Stasi-Staat: Kontrolle, Überwachung und Gängelung als neues Leitbild | Diskussionspapier zur Globalisierung | Links zu Jobbörsen und Stellenangeboten im Netz (interne Links)

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