Prüfung Betriebswirt IHK – Nachlese zum Prüfungstermin Ende 2001/Anfang 2002

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Um es gleich vorwegzunehmen: Ja, ich bin Mitglied des Prüfungsausschusses. Nein, hier gibt es nur Informationen, die auch von Prüfungsteilnehmern verfügbar wären. Also nix mit Insiderwissen: fair play ist angesagt. Allerdings kann es dennoch nützlich sein, ein paar Minuten in diesen Text zu investieren, denn das hilft vielleicht all denen, die es noch vor sich haben…

Inhalte der schriftlichen Prüfung

Soweit ich sehen kann besteht die Tendenz, eher kleine Themen zu veritablen Prüfungsfragen auszubauen. Dabei nahmen es die Prüfungslyriker offenbar mit den Inhalten des IHK-Stoffplanes nicht immer ganz genau: Daß die EU ein einheitliches Zollgebiet ist, sollte man schon wissen, aber daß es auch eine konkrete, d.h., numerische Zollschuldberechnung wurde, haben viele nicht geahnt, auch viele Dozenten nicht. Und die hat es dann kalt erwischt. Auch die Abkürzungsliste aus dem Textband über internationale Wirtschaftsbeziehungen sollte man übrigens drauf haben: Letztes Mal wurde allen Ernstes gefragt, was Abkürzungen wie IATA, GTZ, LCL und dergleichen mehr bedeuten! Übrigens gibt es hier eine kleine Hilfe zu den wichtigsten Abkürzungen… Im BWL-Teil kann man bekanntlich zwischen einer situationsgebundenen strategischen Aufgabe und einer situationsgebundenen mathematisch-rechnerischen Aufgabe wählen. Das erleichtert es für alle, die mit den Rechenverfahren auf Kriegsfuß stehen; dennoch kommen oft Fragen wie interne Zinsfußrechnung, Kapitalwertverfahren oder Ähnliches im nachfolgenden, von allen Kandidaten zu bearbeitenden Teil vor. Man kommt also nicht ganz ungeschoren davon, wenn man das Rechnen nicht mag. Ach ja, mein persönlicher (!) Eindruck war, daß man diesmal die Mannschaft der Prüfungsersteller komplett ausgewechselt hatte. Duktus, Themen, Fragestrategien – sehr unähnlich früheren Fällen. Das erschwert die Prognose.

Lernstrategie-Empfehlungen zur schriftlichen Prüfung

In den Fächern „Qualitätsmanagement“ und „Projektmanagement“ scheinen die Prüfungstexter oft selbst nicht so genau zu wissen, was sie fragen sollen. Das kann an der bekannten schlechten Qualität der IHK-Textbände liegen (die sich jedoch im Vergleich zu früheren Versionen schon erheblich verbessert hat) oder an der Qualität der Prüfungserstellermannschaft, bedeutet für den Kandidaten aber, daß er die QM- und PM-Textbände möglichst bis zur Interpunktion lernen sollte. Dann kann nix passieren. Auch im BWL-Bereich kann eine grundsätzliche Orientierung nicht schaden, so daß man weiß, was man tun kann, wenn bei Aufgaben zur Kostenvergleichs- oder zur statischen Investitionsrechnung der kalkulatorische Abschreibungswert berechnet werden soll, aber der Wiederbeschaffungswert fehlt – meines Erachtens nach ein Zeichen für gravierende Mängel bei der Erstellung der Prüfungen, aber das kann man nicht ändern, wenn man davorsitzt. Also muß man damit leben..

Strategie und Ergebnisse der mündlichen Prüfung

Anders als es bei der schriftlichen Prüfung ist, wird die mündliche Prüfung von den einzelnen Kammern vor Ort durchgeführt. Die folgenden Ausführungen betreffen Erfurt, und könnten möglicherweise für andere Orte unzutreffend sein. Hier führten die IHK-Dozenten die mündliche Prüfung durch, was ggfs. für die Teilnehmer der IHK ein Vorteil ist, weil sie ihre Prüfer (und deren ARbeitsweise) schon kennen. Die Prüfung im Fach Wirtschaftsenglisch wurde mit der Prüfung in Fächern, in denen der Kandidat schriftlich durchgefallen war, kombiniert. Die Präsentation der Projektarbeit fand separat statt. Die Ergebnisse der mündlichen Prüfunf waren meist eher besser als die der schriftlichen Prüfung, so daß mehrere Teilnehmer einen vorherigen schriftlichen Durchfaller in der mündlichen Prüfung noch „reparieren“ konnten.

Tips Projektarbeit

Die Themenvergabe lief hier (d.h., in Erfurt) so, daß jeder Teilnehmer zwei Themen benennen mußte, von denen der Prüfungsausschuß dann eines auswählte und als offizielles Thema ausgab. Der Teilnehmer hat also einen „Heimvorteil“; andererseits wurden Themen, die zu „mager“ aussahen, oft noch etwas „verschärft“. Zu Inhalt und Form der Projektarbeiten gibt es auf der Zingelseite  Hinweise, die umfassender und weitreichender sind als die entsprechenden Texte der Kammer. Nach ihnen zu arbeiten, hat nicht geschadet. Die Projektarbeiten wurden von den Mitgliedern des Prüfungsausschusses bewertet, und zwar in der Weise, daß jeder eine Anzahl von Projektarbeiten zur Durchsicht übernahm, aber Stillschweigen darüber bewahrt wurde, wer wessen Arbeit bewertete. Es ist aber nicht schwer nachzuvollziehen, daß die Mitglieder des Prüfungsausschusses Arbeiten mit Themen bewerteten, die ihnen selbst auch liegen. Die Durchfallerquote bei den Studienarbeiten war wesentlich kleiner als bei den schriftlichen Prüfungen.

Die Präsentation der Projektarbeit

Hier kam es zum Teil auch auf die Präsentationstechnik an, aber der wichtigste Aspekt ist die inhaltliche Seite. Der Kandidat soll zeigen, daß er über grundsätzliche Orientierung verfügt und abstrakte theoretische Konzepte der Betriebswirtschaft mit Leben füllen, d.h., in der Praxis anwenden kann. Wer das beherrscht, hat gesiegt. Die Wahl des Präsentationsmediums war den Kandidaten freigestellt; einige benutzten die Tafel und andere den Overheadprojektor. Elektronische Präsentationen wären möglich gewesen, wurden aber von niemandem eingesetzt. Der Kollege, der verhaltensorientierte Inhalte wie Führungstheorie und Selbstmanagement gelehrt hatte, bewertete auch äußerliche Details wie ob der Kandidat zwischen Prüfungsausschuß und Projektor stand und damit die Sicht versperrte, aber dergleichen Dinge sind insgesamt eher nebensächlich gewesen.

Englisch und Außenwirtschaft

Gehen Sie mit Sicherheit davon aus, an Englisch nicht vorbeizukommen: in den Prüfungen zu Außenwirtschaft gab es immer ein englischsprachiges Dokument, mal ein Akkreditiv, mal ein Bill of Lading, aber immer irgend etwas. Diesmal war die Tendenz eher, wieder kleine Fragen zu englischen Gepflogenheiten zu stellen, etwa was „said to contain“ auf dem Konnossement bedeutet. Im Termin zuvor war ein Akkreditiv aus Nigeria auseinanderzunehmen. Und was sagt uns das? Beginnen Sie frühzeitig mit dem Training in Englisch, falls Sie es nötig haben. Die IHK bietet hier übrigens Extra-Sprachkurse an, weil in der ehemaligen DDR die diesbezügliche Lage schlechter ist als sie es in den alten Bundesländern wäre. Allgemeine Volkshochschulkurse sind übrigens meist ungeeignet, da nicht so sehr generelle Englischkenntnisse geprüft werden, sondern spezifisches Wirtschaftsenglisch

Ein Fazit

Um es kurz zu machen: man kriegt nichts geschenkt, aber bei entsprechender Anstrengung ist es zuschaffen. Besiegen Sie die Angst, dann ist es nicht so schlimm. Bedenken Sie, daß das eine langfristige Kampagnenarbeit ist – Schnellschüsse wenige Wochen oder gar Tage vor dem Finale bringen meistens nix.

Links zum Thema: Hinweise zur Erstellung von Studienarbeiten (PDF, knapp 324k)

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